Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Geschichte und sind nicht immer schon vorhanden gewesen - weder als Begriffe, noch als<br />
Konzepte. Katz (1996) beschreibt die Entstehungsgeschichte <strong>von</strong> Homosexualität, die aus<br />
einem historisch-gesellschaftlichen Erfordernis entstanden ist. Ende des 19. Jahrhunderts<br />
wurde versucht, heterosexuelle Aktivitäten, die nicht zum Zweck der Reproduktion<br />
durchgeführt wurden, moralisch abzusichern und zu legitimieren. Zu diesem Zweck wurde<br />
ein Verhalten gesucht, das als verwerflich charakterisiert wurde, um das Normale zu<br />
legitimieren. Dies wurde in der gleichgeschlechtlichen Sexualität gefunden. Kurz bevor der<br />
neue Begriff 'Normalsexualität' <strong>von</strong> 'Heterosexualität' abgelöst wurde, wurde der Begriff<br />
Homosexualität erfunden und in die Alltagssprachen eingeführt. Diese<br />
Bezeichnungseinführung hat Homosexualität erst als das Andere und Illegitime hergestellt.<br />
Diese Herstellung eines 'Anderen' ist eine selbsterhaltende Funktion des Systems, um das<br />
'Normale' durchzusetzen bzw. um es zu stützen. Ein Anliegen des Poststrukturalismus ist es,<br />
genau jene Vorgänge aufzuzeigen, um die Inkonsistenz eines Systems sichtbar zu machen.<br />
Eine andere selbsterhaltende Strategie <strong>von</strong> Systemen ist es, Abweichungen unsichtbar zu<br />
machen. Mit Hilfe eines poststrukturalistischen Zugangs lassen sich die versteckten Brüche<br />
<strong>von</strong> Systemen aufzeigen; im Falle des Systems der Heterosexualität lässt sich durch die<br />
Sichtbarmachung der Existenz <strong>von</strong> <strong>von</strong> der Norm abweichenden Geschlechtsformationen die<br />
Inkongruenz des Systems zeigen. Intersexuelle Menschen - Menschen die nicht eindeutig<br />
männliche oder weibliche physische Geschlechtsmerkmale vorweisen - sind existent. Ein<br />
Versuch des Systems, diese unsichtbar zu machen, besteht in der medizinisch-chirurgischen<br />
Tradition, solche Menschen zu einem der beiden Geschlechter zu machen. Transsexualität<br />
meint das Phänomen, dass sich physisch männliche Personen als Frauen fühlen und<br />
umgekehrt und auch physisch dem jeweils anderen Geschlecht entsprechen wollen. Dieses<br />
Phänomen kann zwar als geschlechterkonservativ gelesen werden, da <strong>von</strong> einem<br />
vermeintlich 'richtigen' Geschlecht ausgegangen wird, ist aber insofern subversiv, als es die<br />
Künstlichkeit <strong>von</strong> Geschlecht und die damit gekoppelten Stereotypen und normalisierenden<br />
Zwänge sichtbar macht. Transgender, ein Begriff der erst seit den 1990er Jahren in<br />
Gebrauch ist, meint Personen, die einen erweiterten Umgang mit vorherrschenden<br />
Kategorien finden, da sie Geschlechtergrenzen überschreiten, indem sie ihre Identität als<br />
fließend, sich verändernd verstehen und sich keinen herkömmlichen Kategorien zuordnen<br />
lassen (wollen). Ein weiteres Beispiel für die Künstlichkeit der <strong>Zweigeschlechtlichkeit</strong> findet<br />
sich in der Travestie, in Bühnenperformances. Unterhaltend wird mit Geschlechtern und<br />
Geschlechterrollen gespielt - der performative Charakter <strong>von</strong> Geschlecht wird erkennbar.<br />
Wenn Frauen Männer darstellen oder umgekehrt, wird ersichtlich, dass<br />
97