Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
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Erklärung der Wahrnehmung <strong>von</strong> Körpern Voraussetzung: erstens der<br />
Bedeutungszusammenhang <strong>von</strong> Körper und Geschlecht und zweitens die Unterscheidung als<br />
kultureller Akt. Der Bedeutungszusammenhang <strong>von</strong> Körper und Geschlecht meint, dass der<br />
Körper das Zeichen und das Geschlecht dessen Bedeutung ist, wobei diese in einem<br />
eindeutigen und nicht austauschbaren Zusammenhang zueinander stehen. Da dieser den<br />
gesellschaftlichen Konventionen entspricht und nicht naturgegeben ist, kann <strong>von</strong> einer<br />
Konstruktion gesprochen werden. Die Unterscheidung als kulturellen Akt zu verstehen meint<br />
daher, dass die Vergabe der Bedeutung ein konstitutiver Teil des Wahrnehmungsakts selbst<br />
ist, dass also beim Sehen die Körper als Bedeutungsträger konstituiert und formiert werden<br />
(vgl. Lindemann 1994:119f). 3 Das Funktionieren der unterscheidenden Identifizierung <strong>von</strong><br />
Geschlechtskörpern beschreibt Lindemann wie folgt: "Ein wahrgenommener Körper ist als<br />
identifizierter Geschlechtskörper ein Bild seiner selbst als Bestandteil historisch variierender<br />
Gegensatzstrukturen." (Lindemann 1994:121)<br />
1.2.1. <strong>Zweigeschlechtlichkeit</strong> als Wissenssystem<br />
Eine ähnliche Zugangsweise - jedoch auf das Wissenssystem als Grundlage unserer Welt<br />
fokussierend - findet sich bei Hirschauer, der da<strong>von</strong> ausgeht, dass kulturelle Leistungen zur<br />
Herstellung <strong>von</strong> <strong>Zweigeschlechtlichkeit</strong> führen, da die zwei Geschlechter nicht automatisch<br />
aus den zwei unterschiedlichen Genitalien entstehen, sondern diese erst "als Zeichen einer<br />
Geschlechtszugehörigkeit konstruiert sein müssen". (Hirschauer 1996:242) Das <strong>von</strong> ihm<br />
beschriebene Wissenssystem besteht aus (1) den Strukturen des Alltagswissens, die im<br />
Rahmen ethnomethodologischer Studien untersucht werden (siehe Kapitel 1.2.3. und 1.2.4.),<br />
(2) aus dem wissenschaftlichen Wissen <strong>von</strong> der Natur und der Genese des<br />
Geschlechtsunterschieds, welches sich als Verankerung im Alltagswissen über die alltägliche<br />
Unterscheidung zwischen Männern und Frauen zeigt, (3) aus normativen Annahmen, die die<br />
Alltagstheorien in Form der Verurteilung jeglicher Abweichung als Pathologisierung und als<br />
Abnormität stützen und (4) es verfügt über intellektuelle Schutzvorkehrungen, die als<br />
Hilfstheorien das Festhalten am vermeintlichen Grundbedürfnis der Geschlechtszugehörigkeit<br />
unterstützen. Hinzu kommen die "Repräsentation sozialer Kategorien in Körperteilen"<br />
(Hirschauer 1996:247) und die "Repräsentation der sozialen Wirklichkeit durch den Körper<br />
und seine Darstellungsaktivitäten" (ebd.). Das Geschlecht wird also nicht nur <strong>von</strong> den<br />
Strukturen der Gesellschaft in den Körper eingeschrieben, sondern die "gesellschaftliche<br />
3 Erkenntnistheoretische Probleme, die diesen Annahmen innewohnen, sind bei Lindemann (1993) erläutert, und diese führe ich<br />
ob des anders gelagerten Fokus der vorliegenden Arbeit hier nicht aus.<br />
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