Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
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Geschlecht um eine soziale Konstruktion geht, also dass Geschlecht nicht etwas ist, was wir haben,<br />
sondern tun. Einsicht in die Verknüpfung <strong>von</strong> Geschlecht mit anderen Dimensionen sozialer<br />
Ungleichheit - Sexualität, Klasse, Rasse. Tja was noch - na ja die anderen Sachen folgen irgendwie<br />
daraus, sozusagen historische Gewordenheit folgt im Grunde genommen im Wesentlichen wieder aus<br />
wenn man sagt es ist eine Konstruktion, aber das vielleicht auch noch einmal sozusagen: historisch<br />
geworden, historisch veränderlich, das ist mal ganz wichtig, dass es eine historisch gewordene<br />
Konstruktion ist, und damit eben auch eine veränderbare. Insofern würde ich sagen gibt es darin auch<br />
ein - sagen wir mal - politisches Ziel. Über die Beförderung der Einsicht, dass es ein gemachtes<br />
Verhältnis ist, es insofern auch veränderbar ist.<br />
A: 2. Frage wäre, wie sie das thematisieren. Ich schließe mal, dass sie das verbal thematisieren oder<br />
haben sie andere Varianten?<br />
SH: Na ja unterschiedlich. Vor allem in den Fächern, in denen ich unterrichte, Soziologie, gelegentlich<br />
auch Kulturwissenschaften, ist es zunächst eine textliche Auseinandersetzung. Aber was ich seit<br />
einigen Semestern recht erfolgreich praktiziere ist zum Beispiel ein Typus <strong>von</strong> Lehrveranstaltungen im<br />
Grundstudium für Anfangssemester, wo es irgendwie darum geht, dass sie erstmal überhaupt wissen<br />
lernen sollen, was heißt es in dem Fall soziologisch auf die Welt zu blicken und nicht alltagsweltlich<br />
oder alltagsverständlich, weil das eine Erfahrung gerade in den Erstsemestern oft gewesen ist, dass<br />
die mit einer Haltung an Geschlechtersoziologie oder überhaupt an Geschlechterforschung kommen,<br />
na ja, Männer und Frauen gibt es doch einfach, was gibt es denn da zu wissen.<br />
Also das ist zum Beispiel auch eine Formulierung, die dann auch genau so in den Lehrveranstaltungen<br />
fällt <strong>von</strong> den Studierenden. Und dazu muss man allerdings auch dazusagen, hier in Potsdam ist<br />
Soziologie der Geschlechterverhältnisse ein Pflichtausbildungsteil im Grundstudium. Alle die hier<br />
Soziologie studieren, müssen auch Soziologie der Geschlechterverhältnisse machen. Also man hat<br />
sozusagen insofern eben nicht nur die, für die es sowieso schon interessant ist, sondern wirklich alle.<br />
Und damit eben auch diejenigen, und das gilt eigentlich für die meisten, die vorher keine Vorstellung<br />
da<strong>von</strong> hatten, dass das überhaupt ein Thema ist. Dass das in der Soziologie oder überhaupt ein<br />
wissenschaftlich relevantes Thema sein könnte. Insofern gibt es also erstmal die Haltung: darüber<br />
weiß man doch alles, weil man eben entweder das eine oder das andere ist. Und ich hab jetzt so<br />
einen Lehrveranstaltungstypus entwickelt wo wir erstmal ein bisschen soziologisches Basiswissen<br />
machen, schon bezogen dann auch auf Geschlecht, die Herstellung <strong>von</strong> Geschlecht, Doing Gender,<br />
solche Geschichten, und die dann in eigenen kleinen empirischen Übungen, die sie sich selbst<br />
ausdenken, das untersuchen sollen. Und da gibt es erstmal auch keine Vorgaben, was sie da machen.<br />
Also zum Beispiel Studierende im letzten Semester haben Musikvideos untersucht, im Hinblick auf<br />
welche Geschlechterstereotypen tauchen da auf. Andere haben qualitative Interviews gemacht mit<br />
jungen Frauen und Männern aus verschiedenen jugendlichen Subkulturen und gekuckt ob es da<br />
sozusagen Unterschiede gibt, wie welche Geschlechterbilder existieren, welche Vorstellungen über<br />
geschlechtliche Arbeitsteilung in Beziehungen et cetera herrschen oder so. Eine andere Gruppe hat ne<br />
große Umfrage gemacht zu Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen und was da Einstellungen<br />
in der Bevölkerung dazu sind. Also sozusagen durchaus auch nicht nur über Texte sondern eben auch<br />
über eigene kleine empirische Projekte, Übungen, die sie sich eben selbst ausgedacht haben,<br />
angeregt, initiiert natürlich dann über Texte die wir gelesen haben, meinetwegen empirische Studien,<br />
die sich mit verschiedenen Aspekten sozusagen was Geschlechterverhältnisse, Konstruktionen <strong>von</strong><br />
Geschlecht oder eben auch keine Ahnung Arbeitsteilung in Beziehungen etc. beschäftigen, sozusagen<br />
dass sie da ein paar Anregungen haben, und dann konnten sie sich dann selber Themen überlegen<br />
und haben das dann auch selbständig umgesetzt. Aber der überwiegende Teil ist dann eben natürlich<br />
schon Auseinandersetzung mit Text und theoretischer Literatur.<br />
A: 3. Frage: Welche Strategien haben Sie, Geschlecht in Lehrveranstaltungen zu thematisieren, ohne<br />
dabei diese Konstruktionen selbst zu reproduzieren?<br />
SH: Tja das ist natürlich jetzt ne komplizierte Frage, wie man das macht. Also natürlich das ist ja<br />
sozusagen ein Problem, das die Frauenforschung seit einigen Jahren irgendwie unter dem Stichwort<br />
Reifizierung sozusagen theoretisch diskutiert, was die Forschung selbst angeht oder die<br />
Theorieproduktion ist das natürlich klar, dass das natürlich auch ein Problem in der Lehre ist. Also<br />
nicht immer sozusagen selbstverständlich vorauszusetzen, dass diejenigen, die man vor sich hat,<br />
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