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Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth

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das Aufzeigen und die positive Umkehrung - jener im System enthaltenen - <strong>von</strong> diesem<br />

selbst hervorgebrachten - 'Störfaktoren', welche die Inkohärenz des Systems beweisen. Dem<br />

zugrunde liegt die poststrukturalistische These, dass Machttechnologien der Normalisierung<br />

ihr Ziel perfekter Abschließung verfehlen und so genannte 'Left-Overs' produzieren.<br />

Diese 'Left-Overs', bzw. deren Positionen, werden nun in feministischen Theorien positiv<br />

umgekehrt und beispielsweise bei Sabine Hark (1996, 2001) und Annette Schlichter (2003)<br />

als 'deviante Subjekte' bezeichnet. Diese Positionen können, wenn sie aus dem Hintergrund<br />

treten, das System ins Wanken bringen. Anhand der devianten Subjekte zeigt Hark (2001)<br />

einerseits, dass das System nicht fehlerfrei ist, andererseits, dass die reale Möglichkeit des<br />

Unterlaufens <strong>von</strong> naturalisierten Fundamenten, des Erweiterns der Handlungsräume und<br />

damit des Verschiebens des Diskurses durch das bewusste Einnehmen solcher Positionen<br />

besteht. Diese diskursiven wie sozialen 'Off-Spaces', wie DeLauretis (1987:35f) diese<br />

Orte/Positionen nennt, werden als neue Arten der Kommunikation und Gegenpraktiken<br />

verstanden. 28 Durch die Bewegung - vor und zurück - über die Grenzen der sexuellen<br />

Differenz entstehen diese Orte, die bereits existieren, jedoch kaum repräsentiert oder<br />

implementiert sind (vgl. DeLauretis 1987:36). Wie Dietze ausführt, sind solche Positionen -<br />

durch die diskursive Produktion <strong>von</strong> Homosexualität als Perversion und Anomalie<br />

hervorgebracht - deviant in Bezug auf das Programm moralischer und politischer<br />

Normalisierung und enthalten die Möglichkeit eines Gegendiskurses (vgl. Dietze 2003:34).<br />

Die <strong>von</strong> DeLauretis geforderten neuen Orte für Diskurse - die sie in alltäglichen<br />

mikropolitischen Praktiken sieht - sind erforderlich, um die Erzählungen kultureller<br />

Produktionen neu schreiben zu können. Von diesen 'Off-Spaces' aus, die zwar schon existent,<br />

28 In Haraways 'Ein Manifest für Cyborgs' findet sich eine ähnliche These. In den Positionen, die Cyborgs einnehmen, sieht sie<br />

die Chance auf Veränderung. Der Begriff cyborg (<strong>von</strong> cybernetic organism) wurde <strong>von</strong> Manfred Clynes und Nathan Kline in ihrem<br />

Werk 'cyborgs and space' eingeführt. Cyborg stellt die Vision eines durch medizinische und technische Eingriffe erweiterten Menschen<br />

dar, der durch diese Erweiterungen besser an die Anforderungen des Weltalls angepasst sein soll. Donna Haraway nimmt diesen Begriff<br />

auf und beschreibt damit einerseits Menschen als bereits real-hybride Wesen (Veränderung/Verbesserung des menschlichen Köpers<br />

durch Sehhilfen, Herzschrittmacher u.ä.), andererseits zeichnet sie eine Vision <strong>von</strong> Menschen, die sich abseits fixer Identitäten<br />

bewegen. Cyborgs als Knotenpunkte <strong>von</strong> Netzwerken, Cyborgs als sich technische Möglichkeiten aneignende, abseits <strong>von</strong> bestehenden<br />

Geschlechterkategorien bestehende Wesen, die neue Allianzen eingehend, nicht nur sich selbst neu erfinden sondern auch neue<br />

Diskurse schaffen. (Vgl. Penely/Ross, 1991)<br />

"The cyborg as an epistemological model is, in my opinion, a perfectly adequate one in so far as it breaks down the dualistic barriers<br />

between the body and its technological and technical supports. (...) Moreover, the cyborg model implies a vision of the body that is<br />

neither physical nor mechanical, nor just textual. The cyborg functions rather as a counterparadigm for the bodily intersection with<br />

external reality; it is an adequate reading not only of the body, not only of machines but rather of what goes on between them. As a<br />

new functional replacement of the mind/body split, the cyborg is a postmetaphysical construct." (Braidotti 1994:108)<br />

"For instance, Haraway's figure of the 'cyborg' is a powerful intervention on the level of political subjectivity in that it proposes a<br />

realignment of differences of race, gender, class, age, and so on, and it promotes a multifaceted location for feminist agency. But I find<br />

that the cyborg also announces a world 'beyond gender,' stating that sexed identity is obsolete without showing the steps and the<br />

points of exit from the old, gender-polarized system." (Braidotti 1994:170)<br />

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