Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
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als Bezeichnungspraxis: Es werden ständig und wiederholt Regeln aufgerufen, die die<br />
Verfahren der Identität bedingen.<br />
"Die Identität als Praxis, und zwar als Bezeichnungspraxis zu verstehen, bedeutet, die kulturell intelligiblen<br />
Subjekte als Effekte eines regelgebundenen Diskurses zu begreifen, der sich in die durchgängigen und<br />
mundanen Bezeichnungsakte des sprachlichen Lebens einschreibt. (...) 'Handlungsvermögen' (...) birgt also<br />
die Bezeichnung als Prozeß in sich selbst. Die Regeln, die die intelligible Identität anleiten, d.h. die<br />
intelligible Behauptung eines 'Ich' ermöglichen und einschränken und ihrerseits teilweise gemäß den<br />
Matrizes der Geschlechtsidentität und der Zwangsheterosexualität strukturiert sind, operieren durch<br />
Wiederholung." (Butler 1991:212f)<br />
Dementsprechend sieht Butler die Handlungsmöglichkeit in der Variation der Wiederholung.<br />
"In bestimmter Hinsicht steht jede Bezeichnung im Horizont des Wiederholungszwangs; daher ist die<br />
'Handlungsmöglichkeit' in der Möglichkeit anzusiedeln, diese Wiederholung zu variieren. Wenn die Regeln,<br />
die die Bezeichnung anleiten, nicht nur einschränkend wirken, sondern die Behauptung alternativer Gebiete<br />
kultureller Intelligibilität ermöglichen, d.h. neue Möglichkeiten für die Geschlechtsidentität eröffnen, die den<br />
starren Codes der hierarchischen Binaritäten widersprechen, ist eine Subversion der Identität nur innerhalb<br />
der Verfahren repetetiver Bezeichnung möglich." (Butler 1991:213)<br />
Wenn Attribute also nicht Ausdruck einer vorgängigen Geschlechtsidentität sind, sondern<br />
diese erst durch diese Attribute und Akte hergestellt wird, dann gibt es 'die<br />
Geschlechtsidentität' nicht und somit auch keine 'richtige' männliche oder weibliche<br />
Geschlechtsidentität. Die Realität der Geschlechter ist also eine Fiktion, die nur durch die<br />
wiederholte Performanz der Geschlechtsidentität aufrechterhalten und als wahr gesetzt wird<br />
(vgl. Butler 1991:207f). Für Butler gelten also jene Performanzen - auch Geschlechter-<br />
Parodien genannt - als subversiv, die "den performativen Charakter der Geschlechtsidentität<br />
selbst" entlarvt und die "naturalisierenden Kategorien der Identität und des Begehrens"<br />
(Butler 1991:204) verunsichern. Es gibt also Regeln und Vorschreibungen, wie man Subjekt<br />
sein soll, wie man Geschlechtsidentität zu sein hat. Diese Regeln werden wiederholt<br />
ausgesprochen und stellen scheinbar meine Möglichkeiten dar. Die Möglichkeit alternativ zu<br />
handeln besteht nun darin, wie ich mit diesen 'Vorschreibungen' umgehe - z.B. in der<br />
subversiven Anwendung dieser Regeln. Die Körper "können [...] zum Schauplatz einer<br />
unstimmigen, entnaturalisierten Performanz werden, die den performativen Status des<br />
Natürlichen selbst enthüllt." (Butler 1991:214)<br />
Auch für Braidotti (1994) liegt die Kraft der Parodie nicht in der reinen Wiederholung<br />
dominanter Posen, sondern in dem Ausmaß, in dem diese Praktiken Zwischenräume<br />
eröffnen, in denen neue Formen politischer Subjektivität erforscht werden können (vgl.<br />
Braidotti 1994:7).<br />
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