Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
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irgendwie ob man sagt es gibt 5, 6, 7 Geschlechter oder ob man sagt es gibt verschiedene - wenn<br />
man so will - Interpretationen dieser zwei, wenn sie nicht mehr in dieses Zwangskorsett dieser binär<br />
verfassten Logik - wenn man das eine ist, kann man nicht das andere sein - das wäre ja eigentlich<br />
eher das, was es zu unterlaufen gilt. Also das ist jetzt durchaus auch - also es ist ja in den<br />
Transgender-Diskussionen in den Queer-Diskussionen viel auch ein Thema gewesen, na ja reicht es<br />
denn jetzt aus, wenn man einfach nur sagt es gibt 5, und die sich dann doch noch auf die beiden<br />
zurückführen lassen. Ich finde das Problem ist dieses gleichzeitig einander ausschließen und doch auf<br />
einander verwiesen sein der beiden Terme oder der beiden Geschlechter, die wir in der Binarität<br />
[finden]. Das Problem an der Binarität ist die Struktur, und nicht, dass es zwei sind. Jetzt kann man<br />
ne philosophische Diskussion darüber führen, ob diese Art <strong>von</strong> Struktur daran hängt, dass es zwei sind<br />
und es schon mit drei eine andere Dynamik gibt, aber das, da würde ich jetzt zuviel spekulieren, als<br />
dass ich da jetzt fundierte philosophische Antworten darauf geben könnte.<br />
Also zum Beispiel, woraus sich ja gerade die Kritik an Binarität speist, ich meine das Projekt der<br />
<strong>Dekonstruktion</strong>, ist ja jetzt auch keines gewesen, das gesagt hat, die Alternative liegt darin, dass wir<br />
einfach Vervielfältigen, sondern die Alternative besteht darin, genau die beiden Terme, die zu<br />
einander in ein fixiertes Verhältnis zueinander gebracht worden sind, in Bewegung zu bringen. Und<br />
was dann passiert, das wissen wir ja nicht.<br />
A: ja klar. Das heißt es könnten zwei bleiben und alles wäre trotzdem gut.<br />
SH: Ja, genau. Und gleichzeitig: Fünf wäre noch keine Garantie dafür, dass es keine hierarchischen<br />
Differenzierungen mehr gibt.<br />
A: Das sehe ich auch so - nur denke ich mir, wenn es zwei bleiben, oder 5 bleiben oder werden<br />
würden, kommt es trotzdem zu diesem Zuordnungsding, das da kommen muss.<br />
SH: Genau. Es gibt ja auch durchaus die Diskussionen in der Frauen- und Geschlechterforschung, die<br />
sagen, die Hierarchie hängt an der Differenz. Und ohne Differenz gäbe es keine Hierarchie, was<br />
natürlich in einer gewissen Weise stimmt; wenn wir nicht unterscheiden würden, dann könnten wir<br />
keine Hierarchien bilden, aber wir können auch nicht nicht unterscheiden und insofern hilft uns<br />
sozusagen aus dem Dilemma, dass wir aus Differenzen Hierarchien machen, weder raus, dass wir<br />
keine Differenzen mehr machen, aber auch nicht per se raus, dass wir die Differenzen nur<br />
vervielfältigen. Wobei wahrscheinlich schon viel gewonnen wäre, wenn es mehr Vervielfältigung gäbe,<br />
weil es dann vielleicht nicht mehr so einfach wäre, zu hierarchisieren. Das wäre ja vielleicht schon<br />
denkbar. Dass es leichter ist, zu hierarchisieren, wenn es nur eine Unterscheidungsmöglichkeit gibt,<br />
als wenn es 7 oder 9 oder 11 gibt oder so.<br />
A: Frage 6: Könnte ein Ignorieren des Themas Geschlecht inklusive seiner Unterthemen wie<br />
Hierarchie, Macht usw., zur Auflösung der binären Geschlechterverhältnisse beitragen?<br />
SH: Das Ignorieren?<br />
A: Ja.<br />
SH: Ne. Also da muss ich wirklich sagen, ist meine Erfahrung hier, und am Anfang habe ich als ich -<br />
wenn ich aus meiner persönlichen Lehrerfahrung spreche - als ich neu nach Potsdam kam, aus dem<br />
sozusagen großstädtischen Berliner Umfeld mit ner bestimmten Klientel in den Lehrveranstaltungen,<br />
die in der Regel schon sozusagen für - also die aus feministischen Zusammenhängen kamen, oder aus<br />
Zusammenhängen, in denen das für sie schon relevant geworden war, hier erstmals mit einer Klientel<br />
<strong>von</strong> Studierenden konfrontiert zu sein, für die eher sozusagen was ich schon eingangs geschildert<br />
habe, eher dieses Alltagsweltliche 'Es gibt doch Männer und Frauen - was gibt's denn da zu wissen'<br />
gegolten hat, muss ich jetzt sagen, dass eigentlich in der Mehrzahl der Fälle die Erfahrung eher die ist,<br />
dass die Studierenden sagen, wir hätten uns nicht <strong>von</strong> uns aus damit auseinander gesetzt, wir hätten<br />
auch nicht gedacht, dass es da überhaupt irgendwas darüber nachzudenken gibt, aber jetzt, wo wir es<br />
getan haben, sehen wir viel besser, wie Geschlecht hergestellt wird, und dass das permanent passiert,<br />
und dass das ein Problem ist. Und insofern würde ich schon sagen, dass gerade eben hier die explizite<br />
Thematisierung, die - wenn man so will - die zum Teil den Studierenden aufgezwungene<br />
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