Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 11, HEFT 4, 1998 •JBJQ|g|<br />
werden. 3<br />
Die Legitimationsgrundlage der fachlichen<br />
Kompetenz beschränkt die NGOs jedoch<br />
gleichzeitig auf ihren Themenschwerpunkt,<br />
so daß bedeutsame und notwendige Änderungen<br />
der Rand- oder Rahmenbedingungen<br />
von den NGOs nicht eingefordert werden<br />
können. 4<br />
Wer nicht wirbt, stirbt<br />
Daß in der Öffentlichkeit trotz dieser faktisch<br />
geringen Einflußmöglichkeiten die Meinung<br />
entstanden ist, NGOs könnten auf das politische<br />
Weltgeschehen entscheidend einwirken,<br />
resultiert aus veränderten Kommunikationsund<br />
Informationsstrukturen - sowohl in der<br />
Binnenstruktur der NGOs als „globale Notgemeinschaft"<br />
(Walk/Brunnengräber 1996: 79)<br />
als auch in ihrer Außenwahrnehmung in den<br />
Medien.<br />
In der internen Kommunikation können Netzwerkbildung<br />
und beschleunigte Informationswege<br />
fehlende finanzielle und personelle Ressourcen<br />
gegenüber staatlichen und supranationalen<br />
wirtschaftlichen Organisationen ausgleichen.<br />
Gleichzeitig zwingt eine vermehrte Nutzung<br />
modemer Informations- und Kommunikationsmittel<br />
die Aktiven zu einer Professionalisierung<br />
ihrer Organisation. Ein ausreichendes<br />
Zeitbudget und fachliches Expertentum bei<br />
den Aktiven werden durch die Möglichkeiten<br />
der neuen Technologien nicht überflüssig. Häufig<br />
sind es jedoch gerade diese neuen technologischen<br />
Möglichkeiten (z.B. Einrichtung einer<br />
Homepage im Internet), die lediglich dazu<br />
dienen, undemokratische Entscheidungsstrukturen<br />
zu kaschieren und die Selbstdarstellung<br />
und -Werbung der Organisationen zu forcieren.<br />
Um die wachsenden Informationskanäle der<br />
externen Kommunikation effektiv nutzen zu<br />
können, müssen NGOs ihre Interessen massenmedialer<br />
Berichterstattung zugänglich machen.<br />
Wenn aber - wie im Extrembeispiel<br />
PULSSCHLAG<br />
Greenpeace - „Fotografierbarkeit zentrales Gestaltungskriterium<br />
jeder Aktion" (Böttger 1996:<br />
194) wird, so geraten NGOs in eine ungleichgewichtige<br />
Kooperationsbeziehung mit den<br />
Massenmedien, die zu einer nicht zu beeinflussenden<br />
Selektion und nicht steuerbaren<br />
Abnutzung ihrer Themen führt (Klein 1996:<br />
14). Um Problemfelder medien- und publikumswirksam<br />
zu vermarkten, müssen sie eindeutig<br />
und monokausal darstellbar sein, was<br />
dazu führt, daß eine gesteigerte Nutzung medialer<br />
Informationswege nicht zu einer Erhöhung<br />
der Lösungskompetenz und Einflußnahme<br />
in Sachfragen führt.<br />
Statt dessen wird eine Akzeptanz in der Öffentlichkeit<br />
erzielt, die nicht über ein punktuelles,<br />
oberflächliches Aufmerksamkeitsinteresse<br />
hinausgeht. Durch die medial notwendige<br />
Reduktion oftmals grundsätzlicher und komplexer<br />
Themenfelder werden die Anliegen der<br />
NGOs zur beliebigen Unterhaltungsware. Diese<br />
treten in Konkurrenz zu anderen Medienprodukten<br />
und unterliegen ausschließlich<br />
Marktprozessen, in denen die Aktivitäten der<br />
NGOs gleichzeitig nach Art eines modernen<br />
Ablaßhandels die Passivität der Spender absegnen.<br />
Die Funktionen der Protestformen sozialer<br />
<strong>Bewegungen</strong> - von der Skandalisierung<br />
eines Ereignisses bis zur Ausübung öffentlichen<br />
Drucks - weichen dann einer marktkonformen<br />
Befriedigung der Bedürfnisse von Anbietern<br />
und Konsumenten.<br />
Durch eine ausschließlich an Medienwirksamkeit<br />
orientierte Öffentlichkeitsarbeit vollziehen<br />
die NGOs einen Wandel von der Interessenvertretung<br />
zum .Informationsintermediär'.<br />
Zwar sind auch andere intermediäre Akteure,<br />
wie z.B. soziale <strong>Bewegungen</strong>, auf die Aufmerksamkeit<br />
der Öffentlichkeit angewiesen,<br />
denn „eine Bewegung, über die nicht berichtet<br />
wird, findet nicht statt" (Raschke 1985: 343).<br />
Aber bei diesen treten die Mittel zur Durchsetzung<br />
ihrer Interessen nicht hinter den Zweck<br />
zurück. Kostenintensive Fachkompetenz zur