Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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PULSSCHLAG<br />
ren, sind aber in seinem Sinne. So gab es 1997<br />
eine gemeinsame Veranstaltung des Polizeipräsidenten<br />
und des Kurdischen Informations- und<br />
Dokumentationszentrums zum Verhältnis Polizei-Kurden,<br />
und kurdische Demonstrationsanmelder<br />
konnten vorab am Einsatz beteiligten<br />
Polizistinnen ihr Anliegen erklären, was sich<br />
bei der Demonstration selbst sehr konstruktiv<br />
auswirkte.<br />
Nun sind gerade im Bereich von Demonstrationen<br />
die Bonner Verhältnisse nicht mit Städten<br />
wie Berlin oder München zu vergleichen.<br />
Die Bonner Polizei hat in der langjährigen<br />
Bundeshauptstadt viele Erfahrungen auch mit<br />
Großdemonstrationen gemacht und eine im<br />
Großen und Ganzen liberale Praxis entwickelt<br />
- fast unabhängig von der Person des jeweiligen<br />
Polizeipräsidenten. Gleichzeitig gibt es<br />
auch eine langjährige Kontinuität bei Demonstrationsveranstaltern,<br />
nicht nur durch den Sitz<br />
des bundesweiten Dachverbandes Netzwerk<br />
Friedenskooperative. Man kennt sich und man<br />
kennt die Möglichkeiten und Grenzen für Kooperation<br />
und Bewältigung auch schwieriger<br />
Situationen. In Bonn war es 1989 möglich, daß<br />
der Polizeipräsident gegen den Willen der Stadt<br />
den Friedensplatz .beschlagnahmte', um die<br />
Präsentation des ,Denk-Mals für die unbekannten<br />
Deserteure' im Rahmen einer Kundgebung<br />
zu ermöglichen. Bei der Belagerung<br />
des Bundestages gegen die faktische Abschaffung<br />
des Asylrechts im Mai 1993 verweigerte<br />
Polizeipräsident Kniesel die Knüppelorgien<br />
und riskierte ein Verfahren wegen Strafvereitelung<br />
im Amt sowie den Zorn der Bundestagsabgeordneten,<br />
die per Hubschrauber und Fähre<br />
zum Plenarsaal mußten. Auch unter dem<br />
jetzigen Präsidenten Schnitzler bestätigte die<br />
Bonner Polizei 1995 gegen massive Intervention<br />
des Kanzleramtes die Gegenkundgebung<br />
zu Kohls Zapfenstreich im Bonner Hofgarten.<br />
Alles ohne Bonner Forum.<br />
Dennoch: Das Bonner Forum erst hat die Möglichkeit<br />
geschaffen, daß Interessierte und Ak<br />
FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 11, HEFT 4, 1998<br />
tive aus Initiativen über oft brisante Themen<br />
oder Ereignisse öffentlich mit Polizistinnen<br />
diskutieren, meist völlig verschiedene Sichtweisen<br />
aufeinanderprallen und die Perspektive<br />
der anderen Seite überhaupt wahrgenommen<br />
wird. Dies gilt für die öffentlichen Diskussionsveranstaltungen,<br />
aber auch für die Stippvisiten<br />
hauptsächlich der beiden Sprecher des<br />
Forums bei Gruppen der jeweils anderen Seite.<br />
Der Polizeioberrat als Vertreter des Bonner<br />
Forums - eingeladen bei antirassistischen Initiativen,<br />
linken Jura-Studentinnen oder in der<br />
Szenekneipe der Antifa - relativiert manches<br />
gepflegte Feindbild ebenso wie der friedensbewegte<br />
Berufsdemonstrant und .linksradikale<br />
Polizistenfeind' als Referent bei einem Polizeiseminar.<br />
Neben dem Effekt ,Mit dem kann<br />
man ja reden' geht es bei diesen Grenzgängen<br />
auch inhaltlich zur Sache.<br />
Strittige Themen im Bereich der Inneren Sicherheit<br />
gibt es zuhauf. Neben dem Ausbau<br />
europaweiter polizeilicher Informationssysteme<br />
im Rahmen des Schengener Abkommens<br />
bleibt die Zusammenarbeit zwischen Polizei,<br />
Verfassungsschutz und Nachrichtendiensten<br />
ein Dauerbrenner. Gravierende Erweiterungen<br />
der polizeilichen Eingriffsbefugnisse zur Bekämpfung<br />
der organisierten Kriminalität, aber<br />
auch die Legalisierung von Verdrängungskampagnen<br />
gegen soziale Randgruppen lassen<br />
weitere Einschränkungen von Bürgerinnenrechten<br />
befürchten. Die mit Fachwissen gewürzten<br />
Gespräche und Veranstaltungen im<br />
Bonner Forum haben in einigen Themenbereichen<br />
zu sachlich fundierten, an Grund- und<br />
Bürgerrechten orientierten und realitätstüchtigen<br />
Vorschlägen und Stellungnahmen geführt.<br />
Der Versuch, aus Sicht der Bürgerseite eine<br />
Klimaverbesserung zwischen Polizei und Gesellschaft<br />
zu fördern, schließt die Suche nach<br />
harter, sachlicher Auseinandersetzung über die<br />
oft auf Schlagzeilen verkürzten Skandalthemen<br />
ein, wie z.B. Rassismus in der Polizei,<br />
Ubergriffe, Einkesselungen und Schlagstock-