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Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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38<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

kludierenden bis hin zur Inklusion in transnationale<br />

Vergemeinschaftungen jenseits der nationalen<br />

Inklusionsregel.<br />

Diese Phänomene erfordern eine spezifische,<br />

der symbolischen Natur der Mobilisierungsressourcen<br />

angemessene methodische Einstellung.<br />

Die Konfrontation von diskursiven Elementen,<br />

die reziproken Rahmungen kollektiver<br />

Akteure und die Formen des kommunikativen<br />

Austausches solcher Rahmungen führen<br />

zu einer empirischen Analysestrategie, die bislang<br />

eher auf die Analyse des Alltags bezogen<br />

war (Goffman 1967; 1974; 1977). Die Untersuchungen<br />

von Gamson (1992; 1995) haben<br />

diese Orientierung bereits erweitert, bleiben<br />

jedoch noch an der Mikroperspektive derer stehen,<br />

die mobilisiert werden könnten. Der nächste<br />

Schritt wäre, diese methodische Strategie<br />

der kulturellen Analyse sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />

auf den genuin makrosozialen Aspekt konkurrierender<br />

kollektiver Identitätskonstruktionen<br />

auszuweiten und deren Logik sichtbar zu machen.<br />

22<br />

4.3 Folgeprobleme<br />

Das theoretische Paradigma, das die Theorie<br />

sozialer <strong>Bewegungen</strong> mit Prozessen kollektiver<br />

Identitätsbildung in Zusammenhang bringt,<br />

öffnet eine Pandorabox neuer Probleme. Denn<br />

soziale <strong>Bewegungen</strong> sind mit dieser Verknüpfung<br />

in den Prozeß kollektiver Identitätsbildung<br />

eingebunden, in den Bewegung und Gegenbewegung<br />

sowie Staat und Medien gleichermaßen<br />

verwickelt sind. Dieser Zusammenhang<br />

ist als kommunikativer Handlungszusammenhang<br />

bestimmt worden, in dem symbolische<br />

Macht zum Medium und Resultat kollektiven<br />

Handelns wird.<br />

Damit verändert sich das soziale Feld sozialer<br />

<strong>Bewegungen</strong> sowie der Modus der Gewalt, der<br />

sozialen <strong>Bewegungen</strong> zur Verfügung steht. Sie<br />

KLAUS EDER<br />

sind darauf verwiesen, Strategien symbolischer<br />

Gewalt einzuüben, die entsprechenden Ressourcen<br />

zu mobilisieren und die Spannung zwischen<br />

universalistischem Anspruch und partikularer<br />

Besonderheit auszutarieren. Die historische<br />

Mission, mit der die Theorie der neuen<br />

sozialen <strong>Bewegungen</strong> gearbeitet hat, ist vorbei<br />

- die Gewalt, die <strong>Bewegungen</strong> unter diesen<br />

historisch neuen Bedingungen ausüben können<br />

und müssen, ist zugleich verändert. Vielleicht<br />

besteht das Neue darin, physische oder<br />

kriegerische Gewalt durch symbolische Gewalt<br />

zu ersetzen und den Gegner dort zu suchen,<br />

wo <strong>Bewegungen</strong> sich militarisieren, also an<br />

die Stelle physischer Gewalt symbolische Gewalt<br />

zu setzen. Der Kampf um Lebensformen<br />

endet dort, wo Lebensformen zerstört werden.<br />

Identitätspolitik kann zu dieser Zerstömng führen,<br />

und das ist es, was die neue politische<br />

Sensibilität sozialer <strong>Bewegungen</strong> nach den<br />

Ende der neuen sozialen <strong>Bewegungen</strong> ausmacht.<br />

Klaus Eder ist Professor für Soziologie an der<br />

Alexander von Humboldt-Universität in Berlin.<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Die folgenden Überlegungen basieren auf einem<br />

Forschungsprojekt, das zusammen mit Oliver<br />

Schmidtke entworfen und durchgeführt wurde.<br />

Anregungen von ihm und den anderen Mitarbeitern<br />

sind in diese Überlegungen so eingegangen,<br />

daß oft nicht mehr klar ist, wem die Ideen zuzuschreiben<br />

sind. Sie sind in jedem Fall ein kollektives<br />

Produkt.<br />

2<br />

Diesen Hinweis verdanke ich Kai-Uwe Hellmann.<br />

3<br />

Es handelt sich also um eine Variante einer<br />

Kommunikationstheorie der Gesellschaft, die gleichermaßen<br />

bei Habermas, Luhmann, Schudson<br />

oder den Theoretikern der Cultural Studies Anleihen<br />

machen kann. Zu einer für den folgenden Ar-

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