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Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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RESSOURCENMOBILISIERUNG UND GEWALT<br />

• der antistaatliche Terrorismus in weitgehend<br />

homogenen westeuropäischen Nationalstaaten<br />

wie der Bundesrepublik Deutschland<br />

oder Italien (RAF und Rote Brigaden);<br />

• der ethnisch geprägte Terrorismus im Sinne<br />

eines antikolonialen Krieges (u.a. Nordirland,<br />

Baskenland);<br />

• das gewaltsamste Szenario: die annähernd<br />

50prozentige Teilung einer Gesellschaft im<br />

Rahmen eines Bürgerkrieges (u.a. Spanien in<br />

den 30er, Kolumbien in den 50er Jahren, vor<br />

kurzem noch das ehemalige Jugoslawien).<br />

Der Staat verfügt auch in freiheitlichen Demokratien<br />

über enorme Repressionsmittel. Umso<br />

mehr ist die delikate Wahrung und Einhaltung<br />

des staatlichen Gewaltmonopols immer wieder<br />

zu erbringen. Nicht-eskalatorisches Verhalten<br />

der Protestler findet sein Pendant in der<br />

Mäßigung staatlicher Organe, die etwa Sitzboykotteure<br />

nicht wegprügeln, sondern möglichst<br />

noch im Dialog davontragen. Allerdings<br />

gehen von mitunter kleinen Grenzverschiebungen<br />

und Rechtsverletzungen größere Einschränkungen<br />

freiheitlicher Spielräume aus. Wichtig<br />

bleiben dabei der jeweilige Diskurs, gemeinsame<br />

allgemeine Ziele und die Zulässigkeit<br />

und Akzeptanz gewählter Mittel des Protestes.<br />

Andernfalls können Rechts- und Protestkultur<br />

leicht ausgehöhlt werden.<br />

Wie heikel dieses Gleichgewicht ist, zeigt sich<br />

leicht im Zusammenbrach einer post-totalitären<br />

Ordnung wie der DDR. Der nicht vorgesehene<br />

Freiraum für kollektiven Protest wurde<br />

durch neue Mittel der Darstellung und Mobilisierung<br />

der Massen aus Kirchenräumen heraus<br />

und mit Kerzen vor den Gebäuden der<br />

Sicherheitsorgane (wie in Dresden) erobert. Die<br />

etablierten Sicherheitskräfte waren damit überfordert<br />

bzw. unterschätzten die Wirksamkeit<br />

dieses Protestes in einer de facto westlichen<br />

63<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

Medienlandschaft. Sie waren eingerichtet auf<br />

die Bewaffnung einer oppositionellen Untergrundorganisation,<br />

nicht aber auf das Unterlaufen<br />

bestehender Versammlungsverbote auf<br />

öffentlichen Territorien.<br />

3 Leistungsfähigkeit und Grenzen<br />

Vieles muß hier verkürzt behandelt oder ausgelassen<br />

werden. An den geäußerten Einschätzungen<br />

der Entwicklung der Forschung sollte<br />

dies insgesamt aber wenig ändern. Koopmans<br />

(1998: 222f) sieht „die Leistung des Ansatzes<br />

[...] vor allem darin, daß er deutlich machen<br />

kann, wie solche [Nutzen-Kosten-] Veränderungen<br />

auf individueller Ebene in Mobilisierungsentscheidungen<br />

.übersetzt' werden". Dort, wo<br />

kollektive Aktion vorwiegend instrumentellen<br />

Charakter hat, greift die Theorie der Ressourcenmobilisierung<br />

offensichtlich eher als dort,<br />

wo sich die Mobilisierung Zielen gegenüber<br />

verselbständigt hat, der instrumentelle Charakter<br />

also zurücktritt. In solchen Situationen sind<br />

Erklärungen der Identifikationsprozesse mit<br />

Kollektiven bedeutender. Damit ist allerdings<br />

nicht gesagt, daß sich bei diesen Identifikationsprozessen<br />

nicht auch Nutzen-Kosten-Überlegungen<br />

anstellen lassen. Zald (1992: 3410<br />

konstatiert sogar ein weitgehendes Unvermögen,<br />

epochale kulturelle Veränderungen mit der<br />

Theorie der Ressourcenmobilisierung zu erfassen.<br />

Inzwischen ist in der Literatur auch<br />

nicht mehr umstritten, daß die Theorie der politischen<br />

Gelegenheitsstrukturen - wie von Tarrow<br />

(1994), McAdam (1982) und anderen entwickelt<br />

- eine zwingende Ergänzung für die<br />

Theorie der Ressourcenmobilisierung darstellt.<br />

Cress und Snow (1998) haben einige der entscheidenden<br />

Kritikpunkte gegen die Theorien<br />

der Ressourcenmobilisierung zusammengetragen.<br />

Drei entscheidende Aspekte seien übersehen:<br />

„Man hat es versäumt, das Ressourcenkonzept<br />

näher zu erläutern und empirisch zu

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