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Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 11, HEFT 4, 1998 41<br />

Reinhard Kreissl/Fritz Sack<br />

Framing<br />

Die kognitiv-soziale Dimension von sozialem Protest<br />

1 Sozialwissenschaftliche Theorien<br />

sozialen Protests<br />

In der soziologischen Analyse sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />

und sozialen Protests spiegeln sich die<br />

in der Gesellschaft vorhandenen kulturellen<br />

Strukturen und Mentalitäten; und in den Kontroversen<br />

zwischen verschiedenen theoretischen<br />

Ansätzen reproduzieren sich oft genug die Konfliktlinien,<br />

entlang derer politische Kontroversen<br />

über die Legitimität sozialen Protests außerhalb<br />

des wissenschaftlichen Diskurses ausgetragen<br />

werden. Tarrow geht in seiner Analyse<br />

der historischen Entwicklung so weit, zu<br />

behaupten, daß die Politik im 19. und 20. Jahrhundert<br />

„einen größeren Einfluß auf die Art<br />

[hatte, d.V.], wie <strong>Bewegungen</strong> wahrgenommen<br />

wurden, als die reale Geschichte der <strong>Bewegungen</strong><br />

selbst" (Tarrow 1991: 648). Zudem<br />

reagiert die Soziologie sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />

auf die Entwicklung dominanter sozialwissenschaftlicher<br />

Paradigmen, die sich ihrerseits wiederum<br />

in unterschiedlichen nationalen und kulturellen<br />

Kontexten verschieden verbreiten.<br />

Das beste Beispiel ist hier die Differenz zwischen<br />

der europäischen Debatte über Neue <strong>Soziale</strong><br />

<strong>Bewegungen</strong> und der im US-amerikanischen<br />

Kontext beheimateten Theorie der Ressourcenmobilisierung:<br />

Während in Europa soziale<br />

<strong>Bewegungen</strong> als eigenständiger Bereich<br />

soziologischen und politikwissenschaftlichen<br />

Interesses erst mit der außerinstitutionellen Artikulation<br />

sozialer Interessen und politischen<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

Engagements der sechziger Jahre aufgenommen<br />

wurden, markiert das Konzept der Ressourcenmobilisierung<br />

für die amerikanische<br />

Diskussion bereits eine avancierte Phase in der<br />

Karriere dieses Forschungsfeldes. Solche Differenzen<br />

sind deshalb nicht in erster Linie unterschiedlichen<br />

Ausformungen und Strukturen<br />

des Gegenstands der Analyse geschuldet, auch<br />

lassen sie sich nicht im Rückblick auf die kumulative<br />

Entwicklung eines besseren wissenschaftlichen<br />

Verständnisses reduzieren. Vielmehr<br />

spiegelt sich in diesen Differenzen die<br />

enge und vielschichtige Verbindung von Gegenstand,<br />

sozialem Kontext und wissenschaftlicher<br />

Analyse. Für ein Verständnis des theoretischen<br />

Ansatzes der Framing-Analyse haben<br />

diese Überlegungen zwei wichtige Konsequenzen.<br />

Erstens thematisiert dieser Ansatz eine Ebene<br />

bzw. ein Faktorenbündel der Entstehung, Wirkungsmacht<br />

und Wirkungsmechanismen von<br />

sozialen <strong>Bewegungen</strong> und sozialem Protest,<br />

die bei ihrer Untersuchung lange Zeit ignoriert<br />

wurden: die Bereitstellung und Erarbeitung von<br />

Definitionen und Deutungen der Probleme und<br />

Anliegen, zu deren Artikulation und Beförderung<br />

kollektive Akteure an die Öffentlichkeit<br />

treten. Nicht nur die Vertreter des Ressourcenmobilisierungsansatzes<br />

-jener wohl prominentesten<br />

Theorieposition, die der wissenschaftlichen<br />

Analyse der Bewegungsexplosion der<br />

sechziger Jahre zu verdanken ist -, sondern<br />

ebenso die Anhänger und Protagonisten ande-

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