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Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 11, HEFT 4, 1998 Bill<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

Klaus Eder<br />

Protest und symbolische Gewalt<br />

Zur Logik der Mobilisierung kollektiver Identitäten 1<br />

1 Die Mobilisierung kollektiver<br />

Identitäten<br />

Die zu beobachtende Ethnisierung der Moderne<br />

scheint der Theorie sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />

ihre Unschuld zu rauben. <strong>Soziale</strong> <strong>Bewegungen</strong><br />

werden in dem Maße, wie sie kollektive<br />

Identitäten problematisieren, in Identitätspolitik<br />

hineingezogen. <strong>Soziale</strong> <strong>Bewegungen</strong> entfernen<br />

sich so aus dem Feld wohlfahrtsstaatlicher<br />

Debatten, Probleme und Issues und damit<br />

aus dem Kontext, in dem die ,neuen sozialen<br />

<strong>Bewegungen</strong>' entstanden sind. Sie lassen sich<br />

auf Probleme ein, die nicht mehr durch - in<br />

der Regel staatlich organisierte - Verteilung<br />

von Gütern und Lebenschancen gelöst werden<br />

können. Der Staat als Gegner verschwindet.<br />

An seine Stelle treten andere <strong>Bewegungen</strong>, Gegenbewegungen.<br />

Im Feld bewegungsgetragener<br />

Identitätseinklagen verändert sich die Logik<br />

sozialer Auseinandersetzungen.<br />

Identitätskämpfe werden zu Auseinandersetzungen<br />

zwischen <strong>Bewegungen</strong>. Die Medien<br />

liefern das Feld für diese symbolischen Kämpfe.<br />

Der Staat wird Mediator zwischen <strong>Bewegungen</strong><br />

- und zum eventuellen weiteren Identitätskämpfer.<br />

Es geht nicht mehr dämm, Macht<br />

und Reichtum umzuverteilen oder die kulturelle<br />

Hegemonie von dominanten Klassen oder<br />

Eliten zu brechen. Es geht um die Durchsetzung<br />

einer mit einer kollektiven Identität verbundenen<br />

Lebensform. Diese Konstellation<br />

wirft das Problem der Mobilisierung und Zivi­<br />

lisierung von <strong>Bewegungen</strong> in einer Weise auf,<br />

die an das klassische Problem nationaler und<br />

nationalistischer <strong>Bewegungen</strong> erinnert: Wie läßt<br />

sich die in Identitätskämpfen mobilisierte<br />

Macht und Gewalt zivilisieren?<br />

Diese Konstellation der Mobilisierung von Bewegungsmacht<br />

verlagert die Möglichkeiten der<br />

Machtausübung über den Gegner von der politisch-ökonomischen<br />

Ebene auf die Ebene von<br />

Diskursen. Die Mobilisierung von Gewalt als<br />

einer besonderen Form der Machtausübung<br />

über andere ist dann nicht mehr zu bestimmen<br />

als Einschränkung der Zugangsbedingungen zu<br />

gleicher politischer Teilnahme und ökonomischer<br />

Teilhabe oder gar (im Extremfall) als<br />

Ausschluß von dieser Teilnahme und Teilhabe.<br />

Sie ist vielmehr zu bestimmen als Einschränkung<br />

von gleichen Diskurschancen bzw.<br />

als Ausschluß von Diskursen überhaupt. Wenn<br />

Identitätssuche bestimmt ist als eine Strategie,<br />

symbolische Grenzen zu markieren, dann sind<br />

Identitätskämpfe Kämpfe um diese symbolischen<br />

Markierungen. Definitionskämpfe aber<br />

sind nur im Medium öffentlicher Diskurse<br />

denkbar. Der Ein- und Ausschluß aus solchen<br />

Diskursen ist deshalb eine besondere Form von<br />

Gewalt, die sich in diesen Formen sozialer Auseinandersetzungen<br />

ausbilden kann. Wenn Identität<br />

bedeutet, die Selbstbehauptung der eigenen<br />

Gruppe gegen die anderen durchzusetzen,<br />

dann ist die Verweigerung dieser Anerkennung<br />

Ausdruck symbolischer Gewalt. Um es auf eine<br />

kurze Formel zu bringen: Nichtanerkennung

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