Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
tiSmkmm FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 11, HEFT 4,1998<br />
PULSSCHLAG<br />
fleisch an Arbeitskraft zusammenholen könnten,<br />
um dieses kostengünstig zu vernutzen, um<br />
damit ihre Festspiele der Gleichzeitigkeit von<br />
Börsenboom und Massenentlastung abzuhalten<br />
- ein durchsichtiger Grund. Statt dessen findet<br />
die Feier der ,Affenschaukel' von Überlastung<br />
und Unterforderung statt, verlängert bis hin zu<br />
unbezahlten Arbeitszwängenderrausgeschmissenen<br />
Armutsbevölkerung, bei denen der Asozialdienst<br />
mithin asozialer Marktwirtschaft folgt.<br />
Durch die Forderung nach Grundsicherung soll<br />
aber nicht der Eindruck erweckt werden, als sei<br />
alles Heil von staatlichem Handeln zu erwarten.<br />
Gleichzeitig sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen,<br />
die Eigentätigkeit der Personen, auch<br />
der armen Personen, zu stärken. Hier klage ich<br />
- wiewohl guter und praktizierender Freund der<br />
Ehrenamtlichkeit - die an, denen nichts besseres<br />
eingefallen ist, als Personen, die aus dem<br />
Erwerbsleben rausgeschmissen worden sind,<br />
durch Ehrenamtlichenbüros in unbezahlte Arbeiten<br />
zu vermitteln. Demgegenüber wären die<br />
Formen der Eigentätigkeit in Genossenschaften<br />
zu stärken. Die genossenschaftlichen Formen<br />
lassen sich hier vorstellen als Kombination von<br />
überschaubarer Gemeinschaftlichkeit, hauptoder<br />
ehrenamtlicher Eigentätigkeit, wo möglich,<br />
und staatlichen Unterstützungen, wo erforderlich.<br />
Hier sind summarisch anzuklagen:<br />
• jene, die (z.B. 1973) durch gezielte Annäherung<br />
an das Aktiengesetz diese Form für viele<br />
kleine Leute unbrauchbar gemacht haben;<br />
• jene, die durch restriktive Prüfungsverfahren<br />
oder leichtsinnigen Umgang mit Genossenschaftsvermögen<br />
diese Form in ein obsoletes<br />
Licht gerückt haben;<br />
• jene, die die Anstrengungen in Richtung eines<br />
Kleingenossenschaftsgesetzes brüsk oder<br />
sanft blockiert haben.<br />
Im Zusammenhang mit der Armutsbevölkerung<br />
bietet sich der Ausbau der Rechtsform der Sozialgenossenschaft<br />
an: eine Rechtsform, die beinahe<br />
überall in Europa gefördert worden ist, nur<br />
nicht in Deutschland (und in Osterreich, aber<br />
dieses ist auch noch nicht lange in der EU). Aber<br />
das ist ja nicht von Leuten zu erwarten, die<br />
herumtönen, daß es in Deutschland keine Armut<br />
gibt, und deren Menschenbild sich auf die Skizze<br />
von Spatzen beschränkt, die ihre vereinzelten<br />
Getreidekörner aus den Pferdeäpfeln der Konzerne<br />
herauspicken sollen.<br />
Demgegenüber wäre die Sozialgenossenschaft<br />
(ergänzt um weitere genossenschaftliche Formen<br />
im kleinökonomischen, hauswirtschaftlichen,<br />
sozialen, kulturellen Bereich) neben Arbeitszeitverkürzung<br />
und Grundsicherung die<br />
dritte Säule im Kampf gegen die Armut. Womit<br />
ich zu den Grundrechten übergehe: Diese scheinen<br />
nicht viel mehr zu sein, als ein beliebtes<br />
Objekt für Sonntagsreden (auch wenn diese<br />
wochentags stattfinden). Die Menschenrechte<br />
werden stündlich mit Füßen getreten. Ich klage<br />
die an, die die Menschenrechte ständig anführen,<br />
und sie gleichzeitig stündlich mit Füßen<br />
treten.<br />
Menschenrechte und Ökologie<br />
Die Asylgesetzgebung bildet nur die Spitze des<br />
Eisbergs. In Zentraleuropa nach der Götterdämmerung<br />
des Nationalsozialismus eingeführt, ist<br />
seither kaum ein Jahr vergangen, in dem nicht<br />
eine subtile Durchlöcherung stattgefunden hat -<br />
sei es durch Gesetzgebende, Gerichte oder asoziale<br />
<strong>Soziale</strong> begangen. Das höchstgerichtliche<br />
Urteil, Folter sei kein anerkennenswerter Fluchtgrund,<br />
bildet nur einen Gipfel dieser fortwirkenden<br />
Tendenz. Es mag ja sein, und dies wird<br />
in Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />
(wahrscheinlich auch in Frankreich, Großbritannien<br />
usw.) immer wieder ins Feld geführt,<br />
daß ein einzelnes Land überfordert wäre, sämtliche<br />
Opfer politischer Verfolgung und Entrechtung<br />
aufzunehmen. Selbst wenn dies der Fall<br />
wäre (dagegen spricht schon einmal, daß fast<br />
jedes Land, das auf sich hält, sich über Flüchtlinge<br />
mokiert), wäre nicht die Abschiebung die<br />
Lösung, sondern die internationale Vereinbarung.<br />
Ohnehin schien es mir stets merkwürdig,