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Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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34<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

3 ZurTragfähigkeit der Theorie<br />

3.1 Kulturelle Heterogenität und<br />

soziale Differenz<br />

Die historische Herausforderung europäischer<br />

Nationalstaaten ist das Nebeneinander von sich<br />

universalistisch denkenden nationalen Identitäten<br />

gewesen. Die aktuelle Herausforderung<br />

dieser Gesellschaften ist transnationale Migration<br />

und die damit verbundene ethnische Differenzierung<br />

nationalstaatlich konzipierter Gesellschaften.<br />

Die kulturelle Heterogenisierung<br />

nationalstaatlich organisierter Gesellschaften<br />

hat dieses Problem der Koordination von Nationalstaaten<br />

in einer europäischen Gesellschaft<br />

radikalisiert. Zur Zivilisierung der Effekte nationaler<br />

und nationalistischer <strong>Bewegungen</strong>, die<br />

heute mit der europäischen Einigung einen<br />

strukturellen Abschluß findet, treten heute Identitätsdifferenzen<br />

innerhalb dieser Nationalstaaten,<br />

die sich mit transnationalen Identitätsdifferenzen<br />

verbinden. Ethnische <strong>Bewegungen</strong>,<br />

fundamentalistische <strong>Bewegungen</strong>, neonationale<br />

<strong>Bewegungen</strong> erklären das Feld des Kampfes<br />

um Identität zu einem realen Kampf, der zunächst<br />

und vor allem um Symbole geht. 15<br />

Beides<br />

sind Fälle der Mobilisierung kollektiver<br />

Identitäten, in denen sich immer zugleich auch<br />

das Problem der Zivilisierung der damit möglich<br />

gewordenen Gewalt stellt.<br />

Die Auseinandersetzung mit .problematischen'<br />

Minderheiten im öffentlichen Diskurs verweist<br />

darauf, daß ein Grad an gesellschaftlicher Konfliktualisierung<br />

kollektiver Identitäten erreicht<br />

ist, der ,Bewegungscharakter' angenommen<br />

hat. Dieser wird in den Fällen weiter gesteigert,<br />

in denen die Abgrenzung zum .Anderen'<br />

ausdrücklich zur ideellen Grundlage von politischer<br />

Mobilisierung durch kollektive Akteure<br />

gemacht wird; Fälle, die in der öffentlichen<br />

Auseinandersetzung als fundamentalistisch bezeichnet<br />

werden. An der Mobilisierung ethni-<br />

KLAUS EDER<br />

scher Minoritäten und der Gegenmobilisierung<br />

der Gastgesellschaften läßt sich nun die spezifische<br />

Logik von Identitätsmobilisierung zeigen.<br />

Der Anfang dieser Prozeßlogik ist die<br />

Emergenz von symbolischer Gewalt, die sozio-ökonomische<br />

und politische Gewalt substituiert.<br />

Das Ende dieser Logik besteht darin,<br />

daß Individuen nicht mehr einfach sozio-ökonomisch<br />

und politisch benachteiligt werden,<br />

also in einem System sozialer und politischer<br />

Ungleichheit piaziert werden, sondern daß sie<br />

als Angehörige einer Gruppe auch als Personen<br />

benachteiligt und unterdrückt werden.<br />

Exklusion stellt im Zusammenhang materieller<br />

wie symbolischer Gewalt nur den Grenzfall<br />

von Benachteiligung dar: Man gehört nicht<br />

mehr nur als Ungleicher, sondern gar nicht<br />

mehr dazu. Eine solche Form sozialer Exklusion<br />

(von ökonomischer Teilhabe wie politischer<br />

Teilnahme) ist angesichts der globalen<br />

Verflechtungen modemer Gesellschaften ökonomisch<br />

und auch politisch nicht mehr problemlos<br />

möglich. 16<br />

Die partielle Inklusion auf<br />

sozio-ökonomischer und zunehmend auch politischer<br />

Ebene wird jedoch durch Exklusionseffekte<br />

auf symbolischer Ebene kompensiert,<br />

ein Phänomen, das als .symbolische Exklusion'<br />

bezeichnet werden kann. Dieser Begriff<br />

betont die besondere Logik, die sich in Prozessen<br />

der symbolischen Benachteiligung bis<br />

hin zur symbolischen Exklusion durchsetzt: die<br />

Klassifikation von Individuen als .anders', als<br />

Mitglieder einer Gruppe, die nicht zur Gesellschaft<br />

dazugehören. Die Inkludierten sind, um<br />

die euphemisierenden Formeln zu benutzen,<br />

die der öffentliche Diskurs bereithält, die Gastgesellschaft,<br />

die rechtlich anerkannten Gesellschaftsmitglieder,<br />

oder einfach: die Staatsbürger.<br />

Die Inkludierten sind also diejenigen, die<br />

sich auf Grund historischer Kontingenz auf einem<br />

Territorium befinden, über das eine staatliche<br />

Macht das Recht der exklusiven Mitgliedschaft<br />

errichten konnte, eben die Staatsbürger

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