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Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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EDITORIAL<br />

besitzt. Gibt es Gewalterfahrungen, die kollektiv<br />

bindend gewirkt haben, die die kollektive<br />

Identität stärken oder eher in Friedliche und<br />

Gewalttätige spalten? Wie geht die Bewegung<br />

als Bewegung mit Gewalt um, die in ihr entsteht<br />

oder auf sie ausgeübt wird? Ist eine Bewegung<br />

in Gewalt' überhaupt noch Bewegung<br />

in Bewegung'?<br />

(3) Beim Fram/ng-Paradigma werden die konstruktivistischen<br />

Züge sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />

analysiert, denn bei dem Versuch der Mobilisierung<br />

für einen bestimmten Protestanlaß geht<br />

es immer auch um die Konstruktion eines Deutungsrahmens,<br />

der es <strong>Bewegungen</strong> gestattet,<br />

für sich selbst eine Legitimation des Handelns<br />

zu schaffen, aber auch den Anhängern sowie<br />

der Gesellschaft gegenüber zu rechtfertigen,<br />

weshalb es überhaupt zum Protest kommt. Zentral<br />

ist die Diagnose des Problems, das Anlaß<br />

für den Protest ist, die Konstruktion von Verantwortlichen,<br />

die dafür schuldig erklärt werden<br />

können, die Prognose möglicher Lösungen,<br />

ohne die der Protest keine Chance zur<br />

Mobilisierung sieht und die Motivation der<br />

Anhängerschaft (vgl. Snow et al. 1986; Snow/<br />

Benford 1988; Snow/Benford 1992; Gamson<br />

1995). Anhand des Framing-Ansatzes läßt sich<br />

damit klären, wie Gewalt als Thema behandelt<br />

wird, ob sie positiv oder negativ angesehen<br />

bzw. als erwünscht oder unerwünscht sanktioniert<br />

wird, und warum das eine oder das andere<br />

passiert. Wie wird auf andere Gewaltformen<br />

Bezug genommen, wie wird versucht, Gewalt<br />

zu legitimieren oder sich für Gewaltverzicht<br />

auszusprechen?<br />

(4) Das Resource Mobilization-Pamdigma. betont<br />

dagegen die Unwahrscheinlichkeit und<br />

Zweckrationalität von Protest. Denn Protest<br />

mag zwar Verlusterfahrungen, Verunsicherungen,<br />

Nachteilswahrnehmungen im Vergleich<br />

mit anderen und anderes mehr zur Voraussetzung<br />

haben; das allein gewährleistet aber noch<br />

FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 11, HEFT 4, 1998<br />

keine erfolgreiche Mobilisierung, was wiederum<br />

Protest erst einmal hochunwahrscheinlich<br />

macht, denn „grievances are everywhere, movements<br />

not" (Japp 1984: 316). Statt dessen<br />

bedarf es der Organisation des Protests und der<br />

Mobilisierung bestimmter Ressourcen wie<br />

Geld, Zeit oder Personal, wobei dem Protest<br />

Rationalität und Zielgerichtetheit seiner Aktionen<br />

durchaus zugetraut werden (McCarthy/<br />

Zald 1977; Opp 1994; Cress/Snow 1996). Mit<br />

dem Resource Mobilization-Ansatz kann untersucht<br />

werden, ob die Gewalt spontan oder<br />

organisiert ist, ob mit ihr ein rationales Ziel<br />

verfolgt wird oder nicht. Ist sie von vornherein<br />

beabsichtigt oder nicht? Wenn sie von der<br />

Organisation nicht beabsichtigt ist, läßt sie<br />

sich dann auf die Masse zurückführen und wie<br />

und warum kommt es dann -entgegen des<br />

Organisationsziels - zur Gewalt? Welche Ressourcen<br />

sind erforderlich, damit es zu Gewalt<br />

kommt, wer verfügt darüber, und was richtet<br />

die Gewalt mit dem Charakter der Bewegung<br />

an? Wie verhält sich die Organisation dazu?<br />

(5) Beim Political Opportunity Structures-Paradigma<br />

wird - im Unterschied zur Ressourcenmobilisierungsperspektive,<br />

die vorrangig<br />

aus Sicht der Bewegung(sorganisation) zu erklären<br />

sucht, wann und warum es zu Protest<br />

kommt - darauf geachtet, auf welche günstigen<br />

und ungünstigen Umweltbedingungen Protest<br />

vor allem in politischen Systemen treffen<br />

kann, die dann letztlich entscheidend sind für<br />

den Erfolg oder Mißerfolg sozialer <strong>Bewegungen</strong>,<br />

wie die Offenheit oder Geschlossenheit<br />

des politischen Systems, sympathisierende<br />

Eliten oder Gegenbewegungen (McAdam<br />

1982; Tarrow 1991; Rucht 1991).<br />

Der Political Opportunity Structures-Ansatz<br />

stellt die Frage nach der Bedeutung des Gewaltmonopols<br />

in Staat und Gesellschaft? Wie,<br />

warum, wofür und wogegen setzt der Staat<br />

Gewalt ein? Welche Erfahrungen macht die

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