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12<br />

AKTUELLE ANALYSE<br />

Zielvorstellungen interpretiert werden. Professionalisierung<br />

bedeutet hier vor allem<br />

eine Steigerung der kognitiven Fähigkeiten<br />

der Partei, ihr reformpolitisches Handeln<br />

mit Blick auf die vielfältigen Kontextbedingungen<br />

reflexiv zu kontrollieren.<br />

Es müssen wissenschaftlich tragfähige Analysen<br />

und Beschreibungen der Gesellschaft<br />

und des konkreteren Gegenstandsbereiches<br />

ihres reformpolitischen Gestaltungshandelns<br />

angefertigt werden, die möglichst sicheres<br />

Wissen über die vorhandenen Optionen<br />

institutionenpolitischer Gesellschaftsgestaltung<br />

liefern.<br />

(3) Mobilisierungsdimension: Die Mobilisierung<br />

von Machtressourcen für das reformpolitische<br />

Gestaltungshandeln läßt sich<br />

nicht auf eine kognitive Beobachtung der<br />

Macht- und Mehrheitsverhältnisse beschränken.<br />

Der Eigensinn dieser Dimension<br />

liegt darin begründet, daß sich Machtressourcen<br />

in politisch-kommunikativen<br />

Beziehungen realisieren, die das reformpolitische<br />

Projekt der Grünen einer relativen<br />

Außenabhängigkeit in der Gesellschaft<br />

aussetzen. Zur Erhaltung bzw. Verwirklichung<br />

des Kernbestands eines grünen reformpolitischen<br />

Projekts gehört daher konstitutiv<br />

die kontinuierliche Pflege bzw. Steigerung<br />

der verfügbaren Machtressourcen<br />

im Medium der kommunikativen Außenbeziehungen.<br />

Insofern nun die Kommunikationsbeziehungen<br />

der Grünen nicht zu<br />

ihrer alleinigen Disposition stehen, wird<br />

unmittelbar deutlich, daß von den politischsozialen<br />

Kontexten der Grünen - vor allem<br />

vom größeren Koalitionspartner - ein<br />

mittelbarer Transformationsdruck ausgehen<br />

kann, auf den die Partei flexibel reagieren<br />

können muß. Eine professionelle Rationalitätssteigerung<br />

grüner Reformpolitik erfordert<br />

hier vor allem die Minimierung von<br />

Reibungsverlusten über eine Steigerung der<br />

politisch-kommunikativen Virtuosität.<br />

JÖRN LAMLA<br />

Die Strukturlogik des reformpolitischen Projekts<br />

der Grünen ist damit in ihren Grundlinien<br />

skizziert. Die Partei hat es bisher freilich<br />

nur sehr bedingt vermocht, die Dilemmata und<br />

Paradoxien, die aus dieser Logik erwachsen,<br />

professionell zu bewältigen. Die Geschichte<br />

der Strömungskämpfe mit ihren Irrationalitäten<br />

spricht hier ebenso für sich wie die massiven<br />

Kommunikations- und Abstimmungsprobleme<br />

im jüngsten Bundestagswahlkampf. Das<br />

,ErfolgsmodeH' Joschka Fischer zeigt demgegenüber<br />

die Leistungsfähigkeit einer professionellen<br />

Balancierungskompetenz: Nicht nur<br />

die Komplexität der normativen Leitgesichtspunkte<br />

des reformpolitischen Kembestands hält<br />

Fischer trotz aller daraus erwachsener Schwierigkeiten<br />

gleichzeitig präsent. Auch die Anforderungen<br />

der drei genannten analytischen Dimensionen<br />

einer grünen Institutionenpolitik<br />

werden von dem Politprofi Fischer in elaborierter<br />

Weise reflexiv unter Kontrolle gebracht:<br />

"Reformpolitik kann nicht ohne langfristige<br />

Ziele, ja Visionen einer anderen, besseren Zukunft<br />

auskommen, aber sie muß die Visionen<br />

der Mühsal der Machbarkeit und mehrheitsfähigen<br />

Durchsetzbarkeit unterziehen. [...] Vision,<br />

Machbarkeit und Mehrheitsfähigkeit sind<br />

also die drei zu integrierenden Elemente eines<br />

jeden reformerischen Realismus, und exakt vor<br />

der Bewältigung dieser Aufgabe stehen heute<br />

bündnisgrüne Fraktion und Partei" (Fischer<br />

1995: 4).<br />

Was gewinnt nun der Akteur Joschka Fischer<br />

und mit ihm die grüne Partei für ihr reformpolitisches<br />

Projekt durch die professionell balancierende<br />

Kontrolle und Sicherung dieser Strukturen<br />

des reformpolitischen Kembestands? Die<br />

Antwort lautet: Fischer gewinnt die notwendige<br />

Bewegungsfreiheit, die es ihm ermöglicht,<br />

die Ambivalenzen des grünen Projekts auszuhalten<br />

und den Gestaltungsoptionen, für die<br />

das grüne Projekt steht, durch die Fähigkeit<br />

zur laufenden Optionentransformation die An-

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