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Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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44<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

mes mit den lebensweltlichen Wahrnehmungen,<br />

Vorstellungen und Erfahrungen der potentiellen<br />

Aktivisten sind, desto höher ist die<br />

Wahrscheinlichkeit, daß es zu erfolgreicher<br />

Mobilisierung kommt.<br />

Frames haben eine interne Struktur, die sich<br />

rekonstruieren läßt. Gamson (1988: 220) spricht<br />

von „packages of idea elements", deren Kernelemente<br />

aus Verdichtungssymbolen bestehen,<br />

wie Edelman (1976) sie in seinen Untersuchungen<br />

über die Struktur und Funktion symbolischer<br />

Politik beschrieben hat. Die über Verdichtungssymbole<br />

definierten Ideenpakete weisen<br />

häufig eine binäre Struktur auf, d.h. zu<br />

jedem Thema gibt es ein ,countertheme' (Gamson<br />

1988: 221). Damit ist gemeint, daß komplementär<br />

zu jeder positiven Einschätzung eines<br />

Themas (etwa des technischen Fortschritts),<br />

eine negative Variante existiert. Hiemach läßt<br />

sich die generelle Aussage des Framing-Ansatzes<br />

auf die folgende Formel bringen: Frames<br />

sind binär strukturierte semantische Konstrukte,<br />

die sich um ein zentrales Verdichtungssymbol<br />

herum aufbauen. Sie können von unterschiedlicher<br />

Abstraktheit und Reichweite<br />

sein. Je plausibler, kohärenter und umfassender<br />

eine soziale Kosmologie ist, und je besser<br />

sie sich an die lebensweltlichen Erfahrungen<br />

der potentiellen Aktivisten anschließen läßt,<br />

desto besser eignet sie sich als Frame für eine<br />

soziale Bewegung.<br />

Eine zweite bedeutende analytische Ausarbeitung<br />

des Konzepts des Framing für den Gegenstandsbereich<br />

der sozialen <strong>Bewegungen</strong><br />

haben Snow et al. mit dem Begriff des ,frame<br />

alignment' vorgelegt. Damit sind Aktivitäten<br />

und Prozesse gemeint, die sich auf "the linkage<br />

of individual and SMO interpretive orientations,<br />

such that some set of individual interests,<br />

values and beliefs and SMO activities, goals<br />

and ideology are congruent and complementary"<br />

(Snow et al. 1986: 464) beziehen. Es han-<br />

REINHARD KREISSL/FRITZ SACK<br />

delt sich um die Abstimmung und Ausrichtung<br />

von Perspektiven, Sichtweisen, Interpretationsmustern<br />

etc. individueller Akteure mit denen<br />

kollektiver Akteure, d.h. sozialer <strong>Bewegungen</strong>.<br />

Dabei geht es um mehr als das registrierende<br />

und beschreibende Erfassen von mentalen und<br />

kognitiven Gemeinsamkeiten. Zu Recht stellt<br />

Cerulo das Konzept des ,frame alignment' in<br />

den offensiven Zusammenhang von „Identity<br />

Politics and Collective Mobilization" (Cerulo<br />

1997: 393f): die von Snow et al. identifizierten<br />

Prozesse sind solche strategischen Handelns<br />

auf der Ebene kollektiver Akteure. Deutlich<br />

wird dieser strategische und gestalterische Gehalt<br />

des Konzepts an den von Snow et al. unterschiedenen<br />

vier Formen der Ausrichtung,<br />

Anpassung und Vermittlung individuell und<br />

kollektiv unterschiedlicher Interpretationsmuster.<br />

Auf der Grundlage einer Reihe empirischer<br />

Beispiele differenzieren die Autoren Prozesse<br />

des ,frame bridging', der ,frame amplification',<br />

der ,frame extension' sowie der ,frame<br />

transformation' - in allen diesen Fällen<br />

geht es um die gezielte Bündelung, Überführung<br />

und Integration differenter individueller<br />

Vorstellungen und Interpretationen in die kollektive<br />

Singularität eines einheitlichen und geteilten<br />

Bezugsrahmens der Wahrnehmung, Bewertung,<br />

Zielsetzung und Realisierung.<br />

Eine dritte analytische Präzisierung und Differenzierung<br />

des Framing-Konzepts ist mit dem<br />

Begriff des ,master frame' intendiert. In einer<br />

empirischen Analyse zweier Fälle sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />

- aus Anlaß eines Besuchs des amerikanischen<br />

Präsidenten Reagan im Juli 1987<br />

in Berlin sowie einer Tagung der Weltbank<br />

und des Internationalen Währungsfonds (IWF)<br />

im September 1988 ebenfalls in Berlin - haben<br />

Gerhards/Rucht (1992) die Prozesse der<br />

Mobilisierung von Protestpotential als mehrstufiges<br />

Modell abgebildet. Dabei verwenden<br />

sie das Konzept des master frame auf der Ebene<br />

der Meso-Mobilisierung von mehr oder we-

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