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Vollversion (5.41 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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FRAMING - DIE KOGNITIV-SOZIALE DIMENSION VON SOZIALEM PROTEST •JQcl<br />

jektive Positionen von der Prämisse ausgehen,<br />

daß soziale Probleme durch Definitionsprozesse<br />

- u.a. als ,claims making acitivities' apostrophiert<br />

- erst als solche erzeugt und konstituiert<br />

werden. Dabei wird als weitere zentrale<br />

Annahme unterstellt, daß es einen prinzipiell<br />

unbegrenzten Pool an Problemen, Zuständen,<br />

Situationen gibt, die Kandidaten sozialer Probleme<br />

sein können - „a huge ,population' of<br />

potential problems" (Hilgartner/Bosk 1988:<br />

57); als grundlegende Prämisse betont diese<br />

Theorietradition die unaufhebbare Bestreitbarkeit<br />

- „essentially contested" (Hilgartner/Bosk<br />

1988: 54) - von Konzepten wie .Bedeutung',<br />

.Problem' etc. Diese theoretische Orientierung<br />

auf dem Gebiete sozialer Probleme - wie auch<br />

dem der Analyse sozialer <strong>Bewegungen</strong> 2<br />

- verdankt<br />

ihre Argumente im wesentlichen der<br />

Theorieschule des symbolischen Interaktionismus.<br />

Sie findet sich heute am konsequentesten<br />

von konstruktivistischen Positionen vertreten<br />

(Spector/Kitsuse 1977).<br />

Die empirische Untersuchung und theoretische<br />

Analyse der Dynamik der Konstruktion und<br />

Veränderung dieser semantischen Konstrukte<br />

erheben die Vertreter des Framing-Ansatzes<br />

zum ausdrücklichen und eigenen Arbeits- und<br />

Forschungsprogramm. So begreifen etwa Snow<br />

und Benford - zwei Pioniere dieser Theorie-<br />

Perspektive 3<br />

- soziale <strong>Bewegungen</strong> in erster<br />

Linie als Produzenten und Träger von kollektiv<br />

geteilten Bedeutungen und Überzeugungen.<br />

„We use the verb framing to conceptualize this<br />

signifying work precisely because that is one<br />

of the things social movements do. They frame,<br />

or assign meaning to and interpret, relevant<br />

events and conditions in ways that are<br />

intended to mobilize potential adherents and<br />

constituents, to garner bystander support, and<br />

to demobilize antagonists" (Snow/Benford<br />

1988: 198). Dabei steht frame im Englischen<br />

für Rahmen als Verb und als Substantiv, d.h.<br />

hier geht es sowohl um die Prozesse der Deu­<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

tungskonstruktion als auch um die Beschaffenheit<br />

von Deutungsrahmen. Beide Aspekte<br />

spielen für soziale <strong>Bewegungen</strong> eine zentrale<br />

Rolle. Sie müssen sowohl vorhandene Deutungsmuster<br />

oder -rahmen aufgreifen als auch<br />

neue konstruieren oder übergreifende Deutungs-<br />

und Interpretationszusammenhänge erstellen,<br />

die für potentielle Aktivisten resonanzfähig<br />

sind.<br />

Das Konzept des Framing hat in den letzten<br />

Jahren aufgrund empirischer Untersuchungen<br />

sowie theoretischer Anstrengungen eine bedeutende<br />

Ausarbeitung und Präzisierung erfahren.<br />

Uns scheinen insbesondere drei Anmerkungen<br />

von Bedeutung zu sein.<br />

Snow/Benford haben, erstens, die Struktur eines<br />

wirkunsgvollen Frames analytisch in drei<br />

Aspekte zerlegt: „(1) a diagnosis of some event<br />

or aspect of social life as problematic and in<br />

need of alteration; (2) a proposed Solution to<br />

the diagnosed problem that specifies what has<br />

to be done; and (3) a call to arms or rationale<br />

for engaging in ameliorative or corrective action"<br />

(Snow/Benford 1988: 199). Diese drei<br />

Teilfunktionen des Framing, von den Autoren<br />

als .diagnostic', .prognostic' und .motivational<br />

framing' bezeichnet, sind gleichsam Elemente<br />

einer übergreifenden kulturellen Grammatik<br />

höherer Ordnung, wie sie zur Produktion<br />

von größeren Sinnzusammenhängen, etwa<br />

in Geschichten oder Märchen verwendet wird<br />

(Rummelhart 1975; Propp 1975; Lyotard<br />

1984). Erfolgreiche Mobilisierung muß alle drei<br />

Dimensionen umfassen. Diagnostische Skandalisierung<br />

alleine genügt nicht, es müssen sowohl<br />

Lösungswege aufgezeigt als auch motivational<br />

wirksame Gründe für die Beteiligung<br />

an entsprechenden Aktionen vorhanden sein,<br />

um einer sozialen Bewegung den Schwung<br />

durch individuelle Teilnahme und persönliches<br />

Engagement zu verleihen. Je kohärenter und<br />

je kompatibler die Elemente eines solchen Fra-

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