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14<br />

AKTUELLE ANALYSE<br />

neter Gremien. Dabei darf freilich die Gefahr<br />

einer organisatorischen Ausdifferenzierung<br />

nicht verschwiegen werden. Sie besteht in einer<br />

Abschottung der Funktionseinheiten gegeneinander,<br />

mit dem Effekt wechselseitiger<br />

Störung und Blockade anstelle von Kooperation<br />

und koordinierter Synergie. Dagegen hilft<br />

nur eine Kombination von Kultivierung wechselseitigen<br />

Verständnisses und Institutionalisierung<br />

klarer Zuständigkeiten. Dies erfordert in<br />

den Gremien eine Kultur der Anerkennung von<br />

Grenzen des eigenen Aufgabenbereichs und<br />

Zurückhaltung gegenüber den jeweiligen Komplementärfunktionen<br />

- also Formen einer neuen<br />

grünen Professionalität.<br />

3.1 Optionenreduktion:<br />

Grünes Präsidium<br />

Der Krieg in Bosnien und die leidenschaftlichen<br />

Debatten, die bei den Grünen darum geführt<br />

wurden, stehen für die Schwierigkeiten<br />

der Partei, die durch situative Handlungsanforderungen<br />

der Politik immer wieder notwendig<br />

werdenden Reduktionen der gesellschaftspolitischen<br />

Gestaltungsoptionen auszubalancieren.<br />

Die Zustimmung zu einem Militäreinsatz<br />

stellt ohne Frage einen Angriff auf den Kernbestand<br />

des grünen Projekts dar, insofern der<br />

Möglichkeit einer politischen Kultur ziviler<br />

Konfliktlösung direkt widersprochen wird.<br />

Aber damit kann innerparteilich unterschiedlich<br />

umgegangen werden: Der Widerspruch<br />

kann einseitig aufgelöst und geleugnet oder<br />

als Widerspruch anerkannt werden. Das Festhalten<br />

am Prinzip der unbedingten Gewaltfreiheit<br />

unter dem situativen Handlungsdruck (hier:<br />

massive Menschenrechtsverletzungen) mag<br />

eine gewisse Berechtigung in der Warnfunktion<br />

haben, daß die Grünen ihre gesellschaftspolitischen<br />

Gestaltungsoptionen nicht leichtfertig<br />

aufs Spiel setzen und am Ende dadurch<br />

womöglich vernichten sollten. Nicht nur am<br />

Beispiel der SFOR-Entscheidungen, sondern<br />

JÖRN LAMLA<br />

an einer langen Liste von Handlungssituationen,<br />

die vom ,5- DM pro Liter Benzin'-Wahlkampfdebakel<br />

bis zu den alltäglichen Kompromißzwängen<br />

in der neuen Regierungskoalition<br />

reichen, wird aber das Erfordernis flexibler<br />

Anpassungen in den Handlungsoptionen<br />

immer deutlicher. Die Anerkennung der Widersprüche<br />

und Reduktionen, die situative Entscheidungsnotwendigkeiten<br />

für den Kernbestand<br />

grüner reformpolitischer Gestaltungsoptionen<br />

zwangsläufig mit sich bringen, muß mit<br />

der aktiven Erzeugung von Vertrauen dafür einhergehen,<br />

daß die Optionenreduktion keine<br />

dauerhafte Optionenvemichtung für die grünen<br />

Gestaltungsziele - z.B. für die im Kembestand<br />

des Gewaltfreiheitspostulats angelegte gesellschaftliche<br />

Gestaltungsoption einer umfassenden<br />

zivilen Konfliktkultur - bedeutet.<br />

Genau auf diese Problemkonstellation - laufend<br />

wiederkehrender Entscheidungssituationen<br />

mit ihren Zwängen zur Reduktion und partiellen<br />

Zurücknahme der im Kernbestand postulierten<br />

Gestaltungsoptionen - ist der Strukturreformvorschlag<br />

des Bundesvorstands zugeschnitten,<br />

ein grünes Parteipräsidium einzurichten.<br />

Die Aufhebung der Trennung von Amt<br />

und Mandat, die dabei für dieses Gremium<br />

teilweise vorgesehen wird, entspricht lediglich<br />

der Rücknahme einer Kontrollregelung, die ihr<br />

Ziel - die Vermeidung von Machtakkumulation<br />

bei Einzelpersonen - sowieso längst verfehlt.<br />

Zudem steht der Kontrollmechanismus<br />

der Trennung von Amt und Mandat für eine<br />

schädliche Mißtrauenskultur, so daß der Kontrollsinn<br />

dieses Mechanismus im Lichte des<br />

Kembestands des grünen Reformprojekts in<br />

einer vertrauensfördernden Parteistruktur aufgehoben<br />

werden sollte. In dem auf starke innerparteiliche<br />

Legitimation bedachten und deshalb<br />

vollständig durch die Bundesdelegiertenkonferenz<br />

zu wählenden Gremium des Parteipräsidiums<br />

soll eine bestimmte Anzahl von<br />

Plätzen „für Menschen reserviert [werden;

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