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Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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884 Besprechungen<br />

derstellen von Disziplinen (Neuropsychologie) <strong>und</strong> Schulen unterschiedlichster Herkunft.<br />

Die Folge dieses pluralistischen Vorgehens ist ein theoretischer Eklektizismus, der<br />

zwar auch in der Sprachpsychologie/Psycholinguistik verbreitet ist, der aber nicht schon<br />

mit Einführungen, sozusagen programmatisch, verbreitet werden sollte. So ist das Buch<br />

zwar faktenreich hinsichtlich der diskutierten <strong>Theorie</strong>n <strong>und</strong> Gegenstandsbereiche, theoretisch<br />

aber ohne Orientierung, was auch die Lektüre erschwert.<br />

Von Charles E. Osgood liegt eine amerikanische Einführung in die Psycholinguistik<br />

vor, die nicht nur interessiert, weil das wissenschaftliche Potential der USA die Diskussionen<br />

hierzulande stets entscheidend mitbestimmt. Bei Osgood handelt es sich auch um<br />

einen der Väter der Psycholinguistik, der gleichwohl als Neobehaviorist die<br />

'Chomsky'sche Revolution' nicht mitgemacht hat <strong>und</strong> so in der Nach-Chomskyphase<br />

ein wichtiges Wort mitzureden hat. So legt er auch mit dieser Einführung ein neues Modell<br />

vor, wie er schreibt, eine Antizipation seines »magnum opus«, <strong>und</strong> realisiert damit<br />

explizit die Verbindung von Einführung <strong>und</strong> Neuorientierung.<br />

Das Buch, das aus 1978 gehaltenen Vorlesungen entstand, beschäftigt sich hauptsächlich<br />

mit der Frage kognitiver Verarbeitung von Sprache, mit Überlegungen zu Mechanismen<br />

<strong>und</strong> Instanzen vorsprachlicher <strong>und</strong> sprachlicher kognitiver Prozesse. Hatte der Behaviorismus<br />

antimetaphysisch auf Aussagen über nicht-beobachtbare innere psychische<br />

Prozesse programmatisch verzichtet, so begann der Neobehaviorismus mit der Auffüllung<br />

der 'black box' zwischen Reiz <strong>und</strong> Reflex. In Osgoods nunmehr »dritter Stufe« dieser<br />

Entwicklung werden nun Vorstellungen über interne Ebenen der perzeptuellen<br />

(Gestalt-) <strong>und</strong> der Verhaltens-Organisation aufgenommen. So werden Mechanismen der<br />

sprachlichen <strong>und</strong> vorsprachlichen kognitiven Verarbeitung mit den Namen Le.xicon,<br />

Operator <strong>und</strong> Buffer postuliert.<br />

Osgood geht aus von einem Parallelismus sprachlicher <strong>und</strong> vorsprachlicher Kognition,<br />

den er aus dem semantischen Charakter der zentralen Prozesse ableitet. Empirische<br />

Evidenz hier<strong>für</strong> ergibt sich <strong>für</strong> ihn aus interkulturellen Untersuchungen mit Hilfe des<br />

von ihm entwickelten 'Semantischen Differentials' <strong>und</strong> Ergebnissen der linguistischen<br />

Universalienforschung. Er konstruiert hieraus ein Modell, in dem sich schon die 'natürlichen<br />

einfachen Kognitionen', weil semantisch äquivalent, in der 'natürlichen Satzordnung'<br />

S(ubjekt), V(erb), O(bjekt), SVO anordnen. So ist die 'natürliche Satzordnung'<br />

des einfachen Satzes notwendige Folge der 'einfachen vorsprachlichen Kognitionen'.<br />

Für die weitere Diskussion in seinem Buch ergeben sich daraus vor allem Fragen hinsichtlich<br />

der Struktur <strong>und</strong> des Funktionierens der semantischen Mechanismen, der Komponenten<br />

des semantischen Raums, der Verarbeitung <strong>und</strong> Produktion von 'natürlich'<br />

<strong>und</strong> 'unnatürlich' geordneten Sätzen. Unter dem Titel einer' Abstrakten Sprachverwendungsgrammatik'<br />

APG (Abstract Performance Grammar) ergibt sich ein interessanter,<br />

psychologisch <strong>und</strong> semantisch orientierter Grammatikansatz als Alternative zu den linguistischen<br />

Modellen. Gleichzeitig nimmt Osgood aber eine Reihe von Problemen in sein<br />

Modell auf, die die linguistisch orientierte Psycholinguistik in die derzeitige Krise geführt<br />

haben.<br />

So muß man zunächst einfach feststellen, daß nun auch der 'Neobehaviorist dritter<br />

Stufe' nichts anderes als ein Kognitivist ist. All die Annahmen über interne Organisation<br />

kognitiver Mechanismen in Computer-Analogie, deren Elementarismus (beginnend mit<br />

features <strong>und</strong> aufsteigend über percepts, simplex cognitions zum sentencing of simplexes)<br />

tragen diesen Charakter. Auch sein Versuch im ersten Kapitel, Sprache nicht aus ihrer<br />

wirklichen gesellschaftlichen Entstehung <strong>und</strong> Existenz funktional, sondern durch abstrakte<br />

strukturelle Merkmale zu definieren, entspricht dem fruchtlosen linguistischen<br />

Vorgehen, das man auch ohne 'Neobehavioristen' haben konnte. Das Buch Osgoods<br />

führt so in ein sehr spezielles, entwickeltes Modell sprachlicher <strong>und</strong> vorsprachlicher kognitiver<br />

Mechanismen ein, das voll im Trend des amerikanischen Kognitivismus liegt. Für

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