Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Soziale Bewegungen <strong>und</strong> Politik 919<br />
unter Einbeziehung der Rezeption, aufgr<strong>und</strong> einer Befragung von 25 Frankfurter Schülern<br />
(verschiedenen Schultyps), denen sie rechtsextreme Jugendpresse vorlegten. Hier<br />
wurde vor allem Ablehnung der Trennung von Politik <strong>und</strong> Gesellschaft als Schiene zwischen<br />
Schülern <strong>und</strong> Zeitungsmachern sinnHillig. Dazu die Autoren: »Die künftige Attraktivität<br />
<strong>und</strong> zugleich die Gefahren des Rechtsextremismus <strong>für</strong> Schüler <strong>und</strong> Jugendliche<br />
<strong>und</strong> die Möglichkeiten antifaschistisch-demokratischer Gegenwehr bemessen sich<br />
daran, wieweit die identitätszerstörende Trennung von Politik <strong>und</strong> Gesellschaft durch<br />
Unterlaufen bürgerlicher Politikformen durch die rechtsextremen Zeitschriften weiter<br />
vorangetrieben werden kann.« (141)<br />
An den Schluß des Buches haben die Autoren ein Gespräch mit Henning Eichberg gesetzt,<br />
dem maßgeblichen Theoretiker der Nationalrevolutionäre, der inzwischen vorzugsweise<br />
in linken Publikationen herumgeistert. Das Gespräch macht deutlich, daß die<br />
alten Argumentationsmuster, so wie sie sich in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus<br />
herausgebildet haben, nicht mehr greifen <strong>und</strong> daß das Bewußtsein darüber<br />
noch lange nicht in allen Fällen über diese Muster hinausgelangen läßt.<br />
Dudek <strong>und</strong> Jaschkes Buch dürfte <strong>für</strong> alle interessant sein, die sich mit dem Rechtsextremismus<br />
auseinandersetzen; im besonderen <strong>für</strong> in der Jugendarbeit Tätige. Allerdings<br />
würde man sich als Leser wünschen, daß der Autoren überbreite Äußerungen zu methodischen<br />
Fragen nicht durchgängig von der Angst gezeichnet wären, den Boden der Wissenschaftlichkeit<br />
nur ja nicht zu verlassen. Etwas mehr Gelassenheit in diesem Punkt<br />
hätte das Buch lesbarer werden lassen.<br />
Reinhard Budde (BerlinIWest)<br />
5 Millionen Deutsche: »Wir sollten wieder einen Führer haben •.. « Die SINUS-Studie<br />
über rechtsextremistische Einstellungen bei den Deutschen. Rowohlt Taschenbuch-Verlag,<br />
Reinbek 1981 (140 S., br., 5,80 DM)<br />
Bereits vor ihrer Veröffentlichung hat diese Studie Aufsehen erregt. Das erklärt sich<br />
wohl hauptsächlich daraus, daß sie nicht im <strong>und</strong> <strong>für</strong> den universitären Betrieb entstanden<br />
ist, sondern als Gutachten im Auftrag der Planungsabteilung des B<strong>und</strong>eskanzleramtes<br />
erstellt wurde. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, daß »13 070 aller Wähler in der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik ... über ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild« (78) verfügen; »r<strong>und</strong><br />
6070 der Wahlbevölkerung rechtsextremistische Gewalttaten im Gr<strong>und</strong>e billigen« (83);<br />
über die o.g. 13070 hinaus 37070 der Wahlbevölkerung ein autoritär disponiertes Potential<br />
darstellen (93), das unter gewissen - nicht exakt benannten - Umständen <strong>für</strong> die<br />
rechtsextremistische Propaganda anfallig sein könnte.<br />
Die Untersuchung, die zu diesen beunruhigenden Resultaten führt, begann mit einer<br />
Inhaltsanalyse rechtsextremistischen Schrifttums <strong>und</strong> Interviews mit »rechtsextremen<br />
bzw. dem rechtsextremismusverdächtigen Lager zugehörigen Personen« (64). In 45 Fallstudien<br />
wurden außer »klassischen« Rechtsextremisten (z.B. NPD-Mitgliedern) auch<br />
Punker, Rocker, Mitglieder militanter Jugendsekten, Angehörige rechtsorientierter<br />
Öko-Gruppen <strong>und</strong> Burschenschaftler (24) befragt. Das gewonnene Material wird allerdings<br />
dem Leser vorenthalten <strong>und</strong> nicht etwa in Form eines Dokumentenanhanges an<br />
die Hand gegeben. An die Materialsammlung <strong>und</strong> Inhaltsanalyse schlossen sich die Entwicklung<br />
einer »Statement-Batterie ... , die den gesamten rechtsextremen Einstellungsraum<br />
abdecken konnte« (26), <strong>und</strong> ein Pretest an. Hieraus entstanden die »rechtsextreme<br />
Einstellungsskala« (69f.), die »Protestpotentialskala Rechtsextremismus« (72) sowie die<br />
Skala »regressive Öko-Leitbilder« (74), auf deren Basis die Datenerhebung <strong>und</strong> die Herausftlterung<br />
der Neofaschisten (dieser Begriff wird in der Studie schamhaft vermieden)<br />
aus diesem Repräsentativ-Sample erfolgten. Um »Meinungsbrücken« zwischen Rechtsextremismus<br />
<strong>und</strong> Bevölkerungsdurchschnitt ermitteln zu können, wurde eine »autoritäre<br />
Einstellungsskala« entwickelt (27f.), die »die Ausstrahlung rechtsextremer Sehnsüchte,<br />
Ängste <strong>und</strong> Überzeugungen in die Bevölkerung hinein wider(spiegelt)« (75).<br />
DAS ARGUMENT 136/1982 g;