Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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<strong>Arbeitsteilung</strong> <strong>und</strong> <strong>Ideologie</strong> 793<br />
soziologie auf, das heißt: horizontale <strong>und</strong> vertikale <strong>Arbeitsteilung</strong>. »Vertikal«<br />
heißt hier: von oben nach unten. »Horizontal« meint das Nebeneinander spezialisierter<br />
Berufe, ohne daß sie einander übergeordnet sind; sie müssen zusammenwirken,<br />
ja der Gesamtarbeiter wäre ohne ihr Zusammenwirken nicht<br />
denkbar, aber sie sind nebeneinander, es ist keine Herrschaft zwischen ihnen,<br />
keine Hierarchie. Horizontale <strong>Arbeitsteilung</strong> - das verstehen wir. Was aber<br />
ist vertikale <strong>Arbeitsteilung</strong>? Ich lese: Horizontale <strong>Arbeitsteilung</strong> »bezeichnet ...<br />
die Spezialisierung nach besonderen Aufgabenbereichen, ... vertikale <strong>Arbeitsteilung</strong><br />
die Spezialisierung nach dem Grad der Entscheidungsbefugnis« (Fuchs<br />
u.a. 1973,56). Was darf man denn da entscheiden? Was heute hergestellt wird<br />
oder wer auf welchen Arbeitsplatz kommt? Oder, daß man den Betrieb dichtmacht,<br />
entläßt, nach Hongkong ausweicht? Um was <strong>für</strong> Entscheidungen geht<br />
es bei der »vertikalen <strong>Arbeitsteilung</strong>«? Um der Antwort näherzukommen, zitiere<br />
ich ein weiteres Stichwort. Und zwar das allgemeine Stichwort <strong>Arbeitsteilung</strong>.<br />
Das Lexikon bringt dieses Stichwort zuerst, aber ich bringe es erst zum<br />
Schluß, weil man so besser merkt: jetzt kommt die <strong>Ideologie</strong> faustdick.<br />
»<strong>Arbeitsteilung</strong>, division of labour, division du travail, bezeichnet bei E.<br />
Durkheim« - jetzt kommen zwei Gruppen von Bedeutungen, verb<strong>und</strong>en mit<br />
»sowohl ... als auch«, die verhalten sich wie rote Rüben <strong>und</strong> Musik: - »sowohl<br />
die ... Tendenz zur relativen Trennung <strong>und</strong> Verselbständigung von politischen,<br />
administrativen, wirtschaftlichen usw. Funktionen <strong>und</strong> <strong>Institut</strong>ionen«,<br />
also damit, daß es B<strong>und</strong>eskanzler gibt, daß es Unternehmer gibt, daß es Oberamtssekretäre<br />
gibt - ja aber auch, wie der Text nachher sagt, daß es Kirchen<br />
gibt, Radiosender, Universitäten <strong>und</strong> so weiter. Man führt uns, nach dem »Sowohl«,<br />
die ganze Gesellschaft vor, betrachtet nach den großen, von Engels sogenannten<br />
ideologischen Mächten: Staat, Justiz, Kirche, Kunst, Schule, Moral,<br />
Psychiatrie usw. Sie werden uns nebeneinander vorgestellt als die eine Bedeutung<br />
von <strong>Arbeitsteilung</strong>. Das »Oben/Unten« ist dabei zum Verschwinden<br />
gebracht, <strong>und</strong> die Unternehmer sitzen neben den ideologischen Mächten. Soweit<br />
das »Sowohl«, nun kommt das »Als auch«: »... als auch die Tendenz zur<br />
relativen Trennung <strong>und</strong> Verselbständigung von Berufstätigkeiten, Arbeitsgängen,<br />
Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten.« Noch einmal: <strong>Arbeitsteilung</strong> ist sowohl<br />
das Aufgliedern einer Gesellschaft in Herrschaftsmächte wie Staat, Kirche,<br />
Unternehmer - dann dürfen wir ja wohl ergänzen: <strong>und</strong> Unternommene -,<br />
dieses ganze Gefüge von Herren <strong>und</strong> Knechten <strong>und</strong> alle Sonderformen von<br />
Herren, die mit dem Säbel hantieren <strong>und</strong> die mit der Kutte herumlaufen, stellt<br />
die eine Seite der <strong>Arbeitsteilung</strong> dar, <strong>und</strong> auf der anderen Seite haben wir Berufsarbeitsteilung.<br />
Aber paßt das nicht zur Aussage von Marx? Die Arbeit, die<br />
sich aufspaltet <strong>und</strong> scheidet »bis zum feindlichen Gegensatz« von Kopf- <strong>und</strong><br />
Handarbeit. Offenbar anerkennen wir in dieser Begrifflichkeit, daß dies alles<br />
gleichermaßen Arbeit ist. Da gibt es eine Substanz: die Arbeit. Und was ein<br />
Advokat tut vor Gericht, wa