Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Ute H.-Osterkamp<br />
Gesellschaftliche Unterdrückung<br />
oder psychische Unterwerfungstendenz?<br />
Zu Frigga Haugs »Opfer-Täter«-Konzept*<br />
Der theoretische Hintergr<strong>und</strong> der jüngsten Arbeiten von Frigga Haug zur<br />
Frauenfrage ist die Gr<strong>und</strong>konzeption des »Projekts <strong>Ideologie</strong>-<strong>Theorie</strong>« (PI1).<br />
Sein Hauptanliegen ist der Kampf gegen den sogenannten »Ökonomismus«<br />
<strong>und</strong> »Klassenreduktionismus«, d.h. gegen die Annahme, daß die Menschen in<br />
ihrem Verhalten, Fühlen <strong>und</strong> Denken unmittelbar durch die ökonomische Situation<br />
bestimmt sind. In Abgrenzung von dieser These hebt das PIT die Bedeutung<br />
des subjektiven Faktors als relative Unabhängigkeit der Menschen<br />
von den Bedingungen ihrer Existenz hervor. Das PIT faßt Subjektivität jedoch<br />
nicht als Prozeß der bewußten Einflußnahme der Menschen auf die relevanten<br />
Lebensbedingungen, in welcher sich zugleich die Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen<br />
erweitern <strong>und</strong> differenzieren, sondern als »ideologische Subjektion«. Diese<br />
ideologische Subjektion ergibt sich nach Vorstellung des PIT durch die Verankerung<br />
der vom Staat erlassenen Normen <strong>und</strong> Werte in den Charakterstrukturen<br />
der Individuen, aufgr<strong>und</strong> derer diese spontan, von innen heraus, wollen,<br />
was ihnen zunächst als äußere Zumutung entgegentrat. Wie es zur Subjektion<br />
kommt, wird nicht weiter erklärt.<br />
Da die vom Staat erlassenen Werte <strong>und</strong> Normen - im Kapitalismus - <strong>für</strong><br />
alle Geselischaftsmitglieder formal gleiche Gültigkeit haben, sind in der ideologischen<br />
Unterstellung nach Auffassung des PIT die Klassengegensätze praktisch<br />
aufgehoben; daraus leitet es wiederum die Berechtigung ab, bei der Analyse<br />
des Ideologischen von den materiellen Bedingungen der Existenz abzusehen.<br />
Das bedeutet jedoch nichts anderes, als daß die ideologische Unterstellung<br />
losgelöst von den Notwendigkeiten der gesellschaftlichen <strong>und</strong> individuellen<br />
Existenzsicherung als ideelles bzw. psychisches Problem gefaßt wird: Die<br />
objektiven Entwicklungsbeschränkungen werden in subjektive Entwicklungsbeschränktheiten<br />
uminterpretiert. Der Kampf gegen die Unterdrückung ist<br />
dann vorrangig als Kampf um die Veränderung der Charakter strukturen zu<br />
führen. Maßstab der Veränderung sind die Vorstellungen, die die jeweiligen<br />
Befreier von einem befreiten Menschen im Kopfe haben, wobei die Tatsache,<br />
daß diese wiederum keineswegs unabhängig von der eigenen Lebenssituation<br />
<strong>und</strong> Klassenlage sind, nicht weiter reflektiert wird.<br />
Da sich F.H. explizit auf den PIT-Ansatz bezieht, müssen sich dessen Fehler<br />
auch in ihren Ausführungen aufweisen <strong>und</strong> verdeutlichen lassen. Dies will ich<br />
im folgenden an einigen wesentlichen Punkten versuchen <strong>und</strong> zur Diskussion<br />
stellen.<br />
Einen zentralen Stellenwert in den genannten Arbeiten hat die Vorausset-<br />
• Zuerst er~chienen in: \.1arxistische Studien, Jahrbuch des IMSF 5/1982, 192~200. - Da dieser Text nicht als selbstandiger<br />
Artikel, "iondern zur Vorbereitung auf eine personliehe Diskussion <strong>und</strong> Ameinandersetzung mit Frigga Haug göchrieben<br />
v.urde, sind nicht die selbstverstandlichen Gemeinsamkeiten, sondern die unerwarteten Divergenzen zwischen meinen <strong>und</strong><br />
Frigga H.'s Po~Jtionen hervorgehoben worden. Daraus erklart sich auch, daß \iele der folgenden Formulierungen, fur sich<br />
genommen, vielleicht schroff l,1,irken.<br />
nAC ARr.IIMFt\:T n()/1982 ~