16.11.2013 Aufrufe

Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

828<br />

Ute H.-Osterkamp<br />

Gesellschaftliche Unterdrückung<br />

oder psychische Unterwerfungstendenz?<br />

Zu Frigga Haugs »Opfer-Täter«-Konzept*<br />

Der theoretische Hintergr<strong>und</strong> der jüngsten Arbeiten von Frigga Haug zur<br />

Frauenfrage ist die Gr<strong>und</strong>konzeption des »Projekts <strong>Ideologie</strong>-<strong>Theorie</strong>« (PI1).<br />

Sein Hauptanliegen ist der Kampf gegen den sogenannten »Ökonomismus«<br />

<strong>und</strong> »Klassenreduktionismus«, d.h. gegen die Annahme, daß die Menschen in<br />

ihrem Verhalten, Fühlen <strong>und</strong> Denken unmittelbar durch die ökonomische Situation<br />

bestimmt sind. In Abgrenzung von dieser These hebt das PIT die Bedeutung<br />

des subjektiven Faktors als relative Unabhängigkeit der Menschen<br />

von den Bedingungen ihrer Existenz hervor. Das PIT faßt Subjektivität jedoch<br />

nicht als Prozeß der bewußten Einflußnahme der Menschen auf die relevanten<br />

Lebensbedingungen, in welcher sich zugleich die Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen<br />

erweitern <strong>und</strong> differenzieren, sondern als »ideologische Subjektion«. Diese<br />

ideologische Subjektion ergibt sich nach Vorstellung des PIT durch die Verankerung<br />

der vom Staat erlassenen Normen <strong>und</strong> Werte in den Charakterstrukturen<br />

der Individuen, aufgr<strong>und</strong> derer diese spontan, von innen heraus, wollen,<br />

was ihnen zunächst als äußere Zumutung entgegentrat. Wie es zur Subjektion<br />

kommt, wird nicht weiter erklärt.<br />

Da die vom Staat erlassenen Werte <strong>und</strong> Normen - im Kapitalismus - <strong>für</strong><br />

alle Geselischaftsmitglieder formal gleiche Gültigkeit haben, sind in der ideologischen<br />

Unterstellung nach Auffassung des PIT die Klassengegensätze praktisch<br />

aufgehoben; daraus leitet es wiederum die Berechtigung ab, bei der Analyse<br />

des Ideologischen von den materiellen Bedingungen der Existenz abzusehen.<br />

Das bedeutet jedoch nichts anderes, als daß die ideologische Unterstellung<br />

losgelöst von den Notwendigkeiten der gesellschaftlichen <strong>und</strong> individuellen<br />

Existenzsicherung als ideelles bzw. psychisches Problem gefaßt wird: Die<br />

objektiven Entwicklungsbeschränkungen werden in subjektive Entwicklungsbeschränktheiten<br />

uminterpretiert. Der Kampf gegen die Unterdrückung ist<br />

dann vorrangig als Kampf um die Veränderung der Charakter strukturen zu<br />

führen. Maßstab der Veränderung sind die Vorstellungen, die die jeweiligen<br />

Befreier von einem befreiten Menschen im Kopfe haben, wobei die Tatsache,<br />

daß diese wiederum keineswegs unabhängig von der eigenen Lebenssituation<br />

<strong>und</strong> Klassenlage sind, nicht weiter reflektiert wird.<br />

Da sich F.H. explizit auf den PIT-Ansatz bezieht, müssen sich dessen Fehler<br />

auch in ihren Ausführungen aufweisen <strong>und</strong> verdeutlichen lassen. Dies will ich<br />

im folgenden an einigen wesentlichen Punkten versuchen <strong>und</strong> zur Diskussion<br />

stellen.<br />

Einen zentralen Stellenwert in den genannten Arbeiten hat die Vorausset-<br />

• Zuerst er~chienen in: \.1arxistische Studien, Jahrbuch des IMSF 5/1982, 192~200. - Da dieser Text nicht als selbstandiger<br />

Artikel, "iondern zur Vorbereitung auf eine personliehe Diskussion <strong>und</strong> Ameinandersetzung mit Frigga Haug göchrieben<br />

v.urde, sind nicht die selbstverstandlichen Gemeinsamkeiten, sondern die unerwarteten Divergenzen zwischen meinen <strong>und</strong><br />

Frigga H.'s Po~Jtionen hervorgehoben worden. Daraus erklart sich auch, daß \iele der folgenden Formulierungen, fur sich<br />

genommen, vielleicht schroff l,1,irken.<br />

nAC ARr.IIMFt\:T n()/1982 ~

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!