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Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Dumm <strong>und</strong> neidisch bis zur Revolution? 845<br />

jedoch die Verhältnisse bleiben ihm äußerlich. Aber gehen nicht die Widersprüche,<br />

die Zerrissenheit der Verhältnisse durch es hindurch? So daß Elemente<br />

des Widerstands <strong>und</strong> der Anpassung durch Aneignung gesellschaftlicher,<br />

herrschender Werte <strong>und</strong> Denkweisen im Individuum integriert sind? Die unterschiedlichen,<br />

teils widersprüchlichen Anforderungen der verschiedenen Praxen<br />

hinterlassen doch ihre Spuren im Denken, Handeln, in Gefühlen, Wünschen<br />

etc. Wie kann die Vorstellung einer Einheitlichkeit des Subjekts erklären, daß<br />

- um nur ein Beispiel zu nennen - Frauen <strong>für</strong> ihre Befreiung <strong>und</strong> eine<br />

menschliche Gesellschaft kämpfen <strong>und</strong> gleichzeitig unglücklich sind, wenn sie<br />

Anerkennung nicht (auch) über ihr Aussehen erhalten, oder daß sie über die<br />

Behinderungen von Ehe <strong>und</strong> Familie forschen <strong>und</strong> in »Beziehungs krisen« andere<br />

Tätigkeiten sofort zurückstellen etc.?<br />

Kontrovers sind auch unsere Auffassungen zur Berujstätigkeit von Frauen.<br />

Die in Ute Osterkamps »Kritik« vertretene Position zur Berufstätigkeit steht<br />

u.E. im Widerspruch zu einigen ihrer theoretischen Annahmen.<br />

Von Marx <strong>und</strong> Seve haben wir die Erkenntnis, daß das »menschliche Wesen«<br />

nicht uns inwohnend, sondern hinausverlagert in die Gesellschaft existiert.<br />

Es ist die vergegenständlichte Arbeit, das gehäufte tradierte Wissen <strong>und</strong><br />

Können. Der Vergesellschaftungsprozeß ist die (teilweise) Aneignung des<br />

»menschlichen Wesens«. Darauf aufbauend arbeitet Ute Osterkamp die »produktiven«<br />

Bedürfnisse als spezifisch-menschliche Bedürfnisse heraus. Sie sind<br />

sozusagen der Motor <strong>für</strong> die Aneignung des »menschlichen Wesens«. Diese<br />

Bedürfnisse sind auf den Erwerb der Umweltkontrolle <strong>und</strong> auf die Ausdehnung<br />

der sozialen Beziehungen gerichtet (vgl. H.-Osterkamp 1976,23). Die Befriedigung<br />

der »produktiven« Bedürfnisse ist nur möglich durch »Teilhabe an<br />

der gesellschaftlichen Produktion« (ebd. 36). In kapitalistischer Produktion ist<br />

der »Erwerb der Kontrolle über die relevanten Lebensbedingungen«, mithin<br />

die Vermenschlichung, nur beschränkt möglich. Aber der schon mögliche Teil<br />

wird weitaus mehr von Männern als von Frauen verwirklicht. Verwirklicht<br />

meint: in die gesellschaftliche Produktion einbezogen sein, denn dort findet<br />

Entwicklung statt, befindet sich gesellschaftliches Wissen, wird es angewandt.<br />

Können wir mit diesen Annahmen, die gr<strong>und</strong>legend <strong>für</strong> die Kritische Psychologie<br />

sind, nicht sagen: die Bedingung <strong>für</strong> die Vermenschlichung <strong>und</strong><br />

menschliches Bedürfnis ist die Teilhabe an der gesellschaftlichen Produktion?<br />

Bedingung/Voraussetzung der Berufstätigkeit <strong>für</strong> die individuelle Entwicklung<br />

ist nicht gleichzusetzen mit »Garant individueller Entwicklung« (831), denn es<br />

ist noch nichts darüber ausgesagt, wie die Frauen die Strukturen ergreifen, in<br />

ihnen handeln. Und wir wissen auch, daß die Arbeitsbedingungen - in besonderem<br />

Maße <strong>für</strong> Frauen - schlecht sind, weil fremdbestimmt, unmenschlich<br />

etc. Aber sind diese nicht nur dann zu verändern/verbessern, wenn man/frau<br />

sich in diesem Feld bewegt, weil nur so die Erfahrung gemacht werden kann,<br />

was zu bewegen ist <strong>für</strong> die Veränderung?<br />

Ute Oster kamp dagegen setzt die »objektive Widersprüchlichkeit der Berufstätigkeit«<br />

(831) ein jür die private Form der Familie <strong>und</strong> will die Frauen<br />

zudem »schützen« vor dem »Widerstand der Männer«, denen aus allgemein<br />

bekannten Gründen die Frau im Hause eine Erleichterung ist. Mal abgesehen<br />

DAS ARGUMENT 136/1982 ©

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