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Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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DAS ARGUMENT 136/1982 :s<br />

916 Besprechungen<br />

SPD kämpfen danach eine bürgerliche <strong>und</strong> eine proletarische Klassenlinie um Einfluß:<br />

die integrationistische Führung der SPD hat sich mit dem Imperialismus verb<strong>und</strong>en,<br />

während der Reformismus Arbeiterinteressen vertritt. Beide Richtungen entstünden aus<br />

objektiven Interessenlagen ihrer Träger. Die zunehmende, krisenhafte Beschränkung der<br />

Möglichkeiten des Imperialismus führe notwendig zu einer Krise der vom rechten Flügel<br />

beherrschten Sozialdemokratie. Außerdem würden potentiell die antikapitalistischen<br />

Gruppen gestärkt. Aktualisierung dieses Ansatzes heißt <strong>für</strong> Eckert schlicht Aufdeckung<br />

des imperialistischen Klassengehalts in der derzeitigen SPD-Politik. Diese »Einschätzung«<br />

(9) sozialdemokratischer Politik auf drei Politikfeldern (Friedenspolitik, Wirtschafts-<br />

<strong>und</strong> Sozialpolitik, Jugendpolitik) bildet den Hauptteil des Buchs. Sämtliche<br />

Fragestellungen <strong>und</strong> Antwortversuche der neueren linken Staatsdiskussion werden übergangen.<br />

Die SPD-Politik wird nicht analysiert in dem Sinn, daß ihre Ursachen, Bedingungen,<br />

Formen örtert werden, sondern sie wird gemäß dem Kriterium »imperialistisch/<br />

den Arbeiterinteressen entsprechend« unterteilt (wobei impliziert wird, daß Arbeiterinteressen<br />

am vollkommensten von der DKP, »den Kommunisten« vertreten werden).<br />

Wenn man vom Konzept der zwei Klassenlinien in sozialdemokratischen Parteien ausgeht,<br />

in denen sich das »gesellschaftliche Kräfteverhältnis«, das irgendwo anders entsteht,<br />

widerspiegelt, dann ist die Beschränkung auf Klassifizieren auch die logische Konsequenz:<br />

im politischen Bereich muß man nur »einschätzen«, nicht »erklären«. Wenn<br />

die politische Dimension nicht eigenständig analysiert wird, kann man auch nicht theoretisch<br />

f<strong>und</strong>iert in sie eingreifen. So relativiert Eckert z.B. zwar die Annahme, daß die<br />

Krise automatisch zur Stärkung der Linken führt, erörtert aber die Bedingungen einer<br />

Stärkung nicht. Wenn er davon spricht, daß die Krise der SPD durch »Entscheidungssituationen,<br />

Situationen eines 'Wendepunkts'« (26) gekennzeichnet ist, kann er die Struktur<br />

dieser Entscheidungssituationen nicht analysieren. Sein Buch bleibt so notwendigerweise<br />

letztlich ein allgemeiner Appell zur Einsicht <strong>und</strong> Umkehr. Kurz erwähnt sei eine<br />

weitere Sackgasse, die Eckert sich selbst aufbaut: Er gründet seine Einschätzung zum<br />

Teil auf Dokumente <strong>und</strong> Äußerungen führender Sozialdemokraten, zu denen er jedoch<br />

auch feststellt, daß sie gezwungen sind, »ihre tatsächliche Politik zu kaschieren« (30), ihre<br />

Position ideologisch zu vernebeln (31). Er ist also gezwungen zu interpretieren, ohne<br />

dies theoretisch f<strong>und</strong>ieren zu können. Dabei kommen dann teilweise ärgerliche Spitzfmdigkeiten<br />

zustande. Ein einzelner Satz von Björn Engholm zum Beispiel, die SPD solle<br />

im Dialog mit der Jugend sich den »'kleinen', den abgeleiteten, den bewältigbaren, den<br />

gemeinsamen Erfolg bringenden Übeln« zuwenden, wird »im Klartext« interpretiert als<br />

»beabsichtigte Beschränkung auf die kleinen Brocken, die das Monopolkapital vom<br />

Tisch herab wirft« (100).<br />

Butterwegges Buch behandelt das Thema auf einem abstrakteren Niveau. Vier kürzere<br />

Aufsätze gruppieren sich um einen zentralen Artikel zur Entwicklung der Staatstheorie<br />

in der SPD. Im ersten Aufsatz faßt er die Bemerkungen von Marx <strong>und</strong> Engels zur<br />

Staatstheorie sowie die revisionistische Kritik daran (Bernstein) zusammen. Als wesentlich<br />

<strong>für</strong> die marxistische Staatstheorie stellt er heraus, daß der Staat im Kapitalismus<br />

vom Staatstyp her - unabhängig von der Staatsform - Diktatur der Bourgeoisie ist,<br />

daß deshalb der Übergangsstaat zum Kommunismus Diktatur des Proletariats sein muß,<br />

also der bürgerliche Staat »zerschlagen« werden muß, wiederum unabhängig von der<br />

Staatsform, in der sich dies vollzieht (z.B. 16f., 23). Im zweiten Aufsatz wird ausgehend<br />

von Lenin ein Überblick über die aktuellen Beiträge zur <strong>Theorie</strong> des staatsmonopolistischen<br />

Kapitalismus gegeben. Butterwegge vertritt die These, daß der kapitalistische Staat<br />

eine größere Autonomie gegenüber früher gewonnen hat. Der Staat gewinne diese Autonomie<br />

aus der Zersplitterung der Monopolinteressen, er handele in eigenständigen Systemzwängen<br />

nach eigenen Interessen (32,35,41). Verb<strong>und</strong>en sei die relative Autonomie<br />

des Staats mit einer Ausweitung seiner direkt ökonomischen Eingriffe. Die »System-

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