Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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anti-jüdisch zu werden. Sollte das weitergehen, wäre es eine Tragödie, sowohl <strong>für</strong> Israel als <strong>für</strong><br />
das Welt judentum. Die Sowjetunion ist die zweite Weltmacht. Es ist sinnlos, den Unterschied in<br />
der Stärke der USA <strong>und</strong> der UdSSR zu diskutieren, da beide die Macht haben, den anderen<br />
mehrfach zu vernichten. Keiner von ihnen kann die Geschichte der Welt bestimmen, ohne die<br />
Kooperation oder zumindest die Zustimmung des Anderen. Es ist ein schwerer politischer Fehler<br />
zu glauben, wie dies Präsident Reagan tut, daß irgendein wichtiges Weltproblem von den USA<br />
gelöst werden kann, während die SU mißachtet wird oder dagegen ist. Während meiner Verhandlungen<br />
mit rw,sischen Diplomaten vor dem Teilungsbeschluß konnte ich sie mit Zustimmung<br />
Ben Gurions <strong>und</strong> anderer überzeugen, daß ein jüdischer Staat in der Weltpolit ik neutral<br />
sein würde. In den ersten Jahren der Existenz des Staates vertrat Ben Gurion tatsächlich eine solche<br />
Politik der Nichtidentifikation. Erst als der andauernde Krieg mit den Arabern die Anschaffung<br />
amerikanischer Waffen notwendig machte, wurde der Staat mehr <strong>und</strong> mehr amerikafre<strong>und</strong>lich<br />
<strong>und</strong> ist heute - in den Augen der Sowjetdiplomaten, wie ich aus meinen Gesprächen<br />
mit ihnen weiß - ein Satellit der USA". Was Ben Gurion begann, setzte Golda Meir in noch extremerer<br />
Form fort <strong>und</strong> wird heute in grotesker Weise sowohl in der Form als im Inhalt von Menachim<br />
Begin verfolgt. [Nahum Goldmann in dewish Chronicle«, 25.9.1981]<br />
Chauvinismus, wie ihn Begin repräsentiert, führt zum dauernden Kriegszustand.<br />
Frieden im Mittleren Osten setzt eine Verständigung mit den arabischen<br />
Nachbarn voraus <strong>und</strong> eine solche Verständigung kann - wie die Geschichte<br />
der letzten 35 Jahre gezeigt hat - nur über eine Befriedung der Palästinenser<br />
erfolgen. Die Forderungen der PLO zu diesem Ziel sind <strong>für</strong> Israel nicht akzeptabel,<br />
denn sie stellen die Existenzberechtigung des Staates in Abrede. Die erste<br />
Forderung muß daher lauten: Ein Dialog muß zustandegebracht werden. Das<br />
ist wiederholt versucht worden. Nicht zuletzt Sartre hatte vor dem 6-Tage<br />
Krieg seine Zeitschrift »Ternps moderne« diesem Dialog zur Verfügung gestellt,<br />
indem er eine Sondernummer den Ansichten der von ihm als fortschrittlich<br />
erachteten Palästinenser <strong>und</strong> Israelis widmete. Das Ergebnis damals, an einem<br />
der Höhepunkte des beiderseitigen Chauvinismus, war unbefriedigend.<br />
Statt eines Dialogs erschienen in »Ternps moderne« zweierlei Monologe. Vor<br />
einem Jahr hat die Zeitschrift »New Outlook« in einem Symposium in New<br />
York einen ähnlichen Versuch unternommen, etwas erfolgreicher, ohne aber<br />
den notwendigen Durchbruch zu erzielen.<br />
Wie immer unbefriedigend bisherige Versuche, zu einem Dialog zu gelangen,<br />
gewesen sind, er wird gelingen müssen, wenn jemals Frieden im Nahen<br />
Osten einkehren soll. Ein solcher Dialog setzt zwei Dinge voraus: Israel muß<br />
die Existenzberechtigung eines palästinensischen Staates ebenso anerkennen<br />
wie die Palästinenser die Existenzberechtigung Israels anerkennen müssen.<br />
Erst wenn dieser Anfang einmal gemacht ist, kann über Details des Zusammenlebens<br />
solcher Staaten geredet werden.<br />
Ein echter Friede in der Region hat aber noch einen anderen, den weltpolitischen<br />
Aspekt. Beide, der israelische <strong>und</strong> der zu gründende palästinensische<br />
Staat, werden sich zur Neutralität zwischen den Machtblöcken von Ost <strong>und</strong><br />
West durchringen müssen. So könnte im Mittleren Osten der Nukleus einer<br />
neutralen Zone entstehen, die von der UNO <strong>und</strong> den Großmächten garantiert<br />
werden müßte. Gegenwärtig gibt es noch nicht allzu starke Kräfte, um eine solche<br />
Entwicklung einzuleiten. Immerhin gelang es der linkssozialistisehen israelischen<br />
Partei Mapam im vergangenen Dezember, gegen die Golan-Annexion<br />
<strong>und</strong> damit gegen die Begin-Regierung etwa 10000 Menschen auf die Straßen