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Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Unterdrückung oder Selbstunterwer/ung? 835<br />

gegenüber dem Politischen in den Mittelpunkt ihrer Diskussion gestellt haben,<br />

während im SFB angesichts der Fülle politischer Aufgaben die Diskussion persönlicher<br />

Probleme immer wieder zurückgestellt worden sei. Das habe dazu<br />

geführt, daß man sich praktisch zwischen alle Stühle gesetzt, d.h. weder von<br />

den Frauengruppen noch von den Organisationen der Arbeiterbewegung volle<br />

Anerkennung erhalten habe (1981b, 651). Die nunmehr in Anlehnung an die<br />

autonomen Frauengruppen erhobene These, das Persönliche sei das Politische,<br />

klingt zwar sehr schön, ist aber nichtssagend. Die Frage ist doch gerade,<br />

wie das Persönliche durch die Politik vermittelt ist bzw. auf welche Weise es<br />

die Politik bestimmt: ob man innerhalb der gegebenen Verhältnisse agiert <strong>und</strong><br />

diese damit festigt bzw. den individuellen oder auch kollektiven Vorteil gegenüber<br />

anderen sucht <strong>und</strong> damit zugleich die eigene Unterdrückung aktiv an die<br />

jeweils Schwächeren weitergibt, oder ob man <strong>für</strong> Verhältnisse kämpft, innerhalb<br />

derer mit der vollen Gleichberechtigung aller Gesellschaftsmitglieder die<br />

wesentlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> die Entfaltung individueller Potenzen <strong>und</strong><br />

persönlicher Beziehungen gegeben sind.<br />

»Das Persönliche« wird nicht näher erläutert, bleibt mehr oder weniger<br />

Schlagwort, um sich, wie es den Anschein hat, über die »Verknüpfung« von<br />

Persönlichem <strong>und</strong> Politischem sowohl gegenüber den autonomen Frauengruppen<br />

als auch gegenüber der Arbeiterbewegung als positive Alternative einzubringen.<br />

Zu diesem Zweck reduziert F. H. die Arbeiterbewegung auf den ökonomischen<br />

Kampf - der Männer - <strong>und</strong> versucht, die autonomen Frauengruppen<br />

mit ihren eigenen Waffen, nämlich dem Einwand zu schlagen, daß die<br />

Beschränkung auf die Mann-Frau-Unterdrückung »die wirkliche Unterstützung<br />

der Männermacht durch die ökonomischen Verhältnisse« (1981b, 661)<br />

nicht fassen kann. Die von ihr kreierten »autonomen sozialistischen Frauengruppen«<br />

<strong>und</strong> der »Marxismus-Feminismus« erscheinen dann als der dritte<br />

Weg, der den großen Durchbruch bringen wird, durch welchen endlich der<br />

»Reichtum an Einfällen, der in der Bevölkerung steckt« <strong>und</strong> durch die »langweilige<br />

Stellvertreterpolitik storniert« (1981 b, 663) war, sich voll entfalten<br />

kann, Spaß <strong>und</strong> Menschlichkeit in die Politik kommen <strong>und</strong> das Auseinander<br />

von Arbeiter- <strong>und</strong> Frauenbewegung endlich aufgehoben ist.<br />

Zum Schluß: Ich meine wie F. H. , daß man sich auch unter kapitalistischen<br />

Verhältnissen entwickeln kann <strong>und</strong> muß, d.h., daß es keineswegs genügt, »auf<br />

heutige Kapitalstrukturen <strong>und</strong> morgigen Sozialismus zu verweisen« (1980b,<br />

31). Schließlich kann der Sozialismus nur mit menschlicher Anstrengung gegen<br />

den Kapitalismus durchgesetzt werden - wobei mit dem Sozialismus die Probleme<br />

nicht gelöst, aber die objektiven Voraussetzungen ihrer Lösung geschaffen<br />

sind. Allerdings scheint mir die Frage, »wie bei Fremdbestimmung - welches<br />

ohne Zweifel eine Hemmung in der Vergesellschaftung darstellt - die<br />

Handlungsfähigkeit der Einzelnen erhalten bleibt oder erhalten werden kann«<br />

(1980b. 92), zu kurz zu greifen. Entwicklung bedeutet nicht vorrangig Kumulation<br />

individueller Fähigkeiten, um innerhalb der gegebenen Verhältnisse<br />

möglichst gut zu funktionieren, anderen überlegen <strong>und</strong> damit relativ abgesichert<br />

zu sein; sondern Entwicklung bedeutet primär die Erweiterung der<br />

Handlungsfähigkeit, nicht in Leugnung, sondern in Ausweitung subjektiver<br />

DAS ARGUMENT 136/1982

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