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Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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842 Brita Rang/Christine Thomas<br />

könnte man auf Ute Osterkamps Einwände gegen die Berufstätigkeit der Frauen<br />

kritisch-konkret reagieren.<br />

Hinzu kommt ein weiteres praktisches <strong>und</strong> theoretisches Untersuchungsfeld.<br />

Im Opfer/Täter-Konzept ist festgehalten, daß es durch die sozialen Klassen<br />

hindurchgehende besondere Bedingungen aller Frauen gibt. Dies ist lebensgeschichtlich<br />

von den heutigen Frauen zu konkretisieren (wie es etwa in den<br />

'Frauenformen' versucht wird); es läßt sich zugleich aber auch historisch fragen,<br />

wie sich die besondere Frauensituation im Bürgertum, im Proletariat, auf<br />

dem Lande herstellte; welche Differenzen zwischen diesen Frauenformen bestanden,<br />

ob <strong>und</strong> worin ein Gemeinsames sich jeweils ausmachen läßt, welche<br />

Veränderungen es erfuhr <strong>und</strong> welche aktive <strong>und</strong> passive Rolle die Frauen dabei<br />

jeweils übernahmen.<br />

Schließlich aber scheint uns, da dies ja doch zuallererst eine Antwort auf Ute<br />

Osterkamps Kritik am Opfer/Täter-Konzept sein sollte, auch die Kritische<br />

Psychologie einige Fragen beantworten zu müssen. Ute Osterkamps Kritik, gemeint<br />

als politisch-wissenschaftliche, bleibt bisher die Antwort schuldig auf die<br />

Frage, ob <strong>und</strong> inwiefern sich die parteiliche Stoßrichtung dieser Kritik mit der<br />

spezifischen Parteilichkeit der Kritischen Psychologie vereinbaren läßt. Paßt es<br />

zusammen, daß einerseits die Kritische Psychologie die Handlungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Aktivität der Subjekte betont, andererseits Ute Osterkamps Kritik an Frigga<br />

Haug darauf zielt, der Handlungs- <strong>und</strong> Veränderungs fähigkeit der Frauen<br />

in unserer Gesellschaft vorschnell Grenzen zu setzen? Wer oder was nötigt die<br />

Kritische Psychologie, im konkreten Fall der Opfer /Täter-Kontroverse an einem<br />

bestimmten Punkt unkritisch zu werden, sich selbst <strong>und</strong> uns Denk- <strong>und</strong><br />

Handlungsverbote aufzuerlegen <strong>und</strong> ihren zentralen wissenschaftlich-humanistischen<br />

Impuls, die politisch verstandene Subjekt-Parteilichkeit, zurückzunehmen<br />

oder doch einzuschränken? Wir denken, daß wir nur dann theoretisch<br />

<strong>und</strong> praktisch weiterkommen, wenn möglichst viele Frauen die von Ute Osterkamp<br />

im Widerspruch zu den wesentlichen Intentionen der Kritischen Psychologie<br />

aufgerichteten Grenzzäune (die gewiß den offenen oder versteckten Beifall<br />

vieler Männer finden) nicht dumm, passiv <strong>und</strong> ängstlich respektieren, sondern<br />

selbstbewußt <strong>und</strong> tätig schon hier <strong>und</strong> jetzt zu überwinden versuchen.<br />

Das Eine tun <strong>und</strong> das Andere nicht lassen<br />

Ein zentraler Streitpunkt in unserer Auseinandersetzung ist die Frage der Veränderung<br />

der Gefühle. Wir halten diese <strong>für</strong> möglich <strong>und</strong> auch <strong>für</strong> nötig. Dies<br />

ist so neu nicht: »Man sagt uns, unsere Gefühle seien etwas Ursprüngliches;<br />

dabei können sie so leicht erzeugt werden, <strong>und</strong> wie schnell sind sie zu verändern.«<br />

(Brecht 1967, 516) Wir stimmen mit Brecht darin überein, daß die Gefühle<br />

nichts Statisches, sondern historisch geworden <strong>und</strong> somit veränderbar<br />

sind. Daß diese Veränderung nicht einfach ist, wissen wir, die daran arbeiten.<br />

Ute Osterkamp bezweifelt jedoch die Möglichkeit der Veränderung der Gefühle<br />

hier <strong>und</strong> jetzt. Sie begründet ihren Zweifel mit der »materialistischen<br />

Gr<strong>und</strong>einsicht« , daß sich die Menschen » keineswegs beliebig von ihren Bedürfnissen<br />

<strong>und</strong> Gefühlen befreien«, sondern dies nur möglich sei über die<br />

»Veränderung der Daseinsverhältnisse« (829). Nun war jedoch nicht die Rede

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