Arbeitsteilung und Ideologie - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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DAS ARGUMENT 136/1982<br />
Erziehungswissenschaft 901<br />
Form« (212) <strong>für</strong> Entscheidungsprozesse verstanden, muß zwangsläufig mit einer Planungstheorie<br />
kollidieren, die Entscheidungen als nicht der Planung zugehörig ansieht. In<br />
<strong>kritische</strong>r Perspektive geht es dem Autor mithin darum, »zu fragen, was an Entscheidungen<br />
zugänglich, damit auch änderbar, beeinflußbar ist« (349f.), um »politischen<br />
Entscheidungen im Gewande von Sachzwängen« (349) begegnen zu können. Gezeigt<br />
wird hierbei, daß das puristische Planungskonzept »nicht auf demokratische Partizipation<br />
angelegt« (348) ist, daß Partizipation hier nur als Optimierungsinstrument zur Konstitution<br />
wie zur Durchführung von Planung eingesetzt wird. Bei diesem Planungskonzept,<br />
das auch in der Planungspraxis eine dominierende Stellung einnimmt, bleiben die<br />
»demokratie-theoretisch hoch gesteckten Normen« (306) auf der Strecke, doch kann<br />
dies nach Meinung des Autors nicht mit einer F<strong>und</strong>amentalverweigerung von Seiten der<br />
Betroffenen beantwortet werden. Nicht normative Gegenplanung wird gefordert, sondern<br />
eine Planung, die sich zwar der bisherigen Planungstechniken bedient, diese jedoch<br />
im Sinne einer Offenlegung von Entscheidungen einsetzt. Wie dies konkret aussehen<br />
soll, beantwortet der Autor nicht. - Die Stärke dieser Arbeit liegt in ihrer analytischen<br />
Schärfe; es gelingt, das demokratische Manko der meisten, in der Praxis verbreiteten<br />
Planungstheorien aufzuzeigen. So läßt sich diese Arbeit auch als exemplarische Analyse<br />
der Praxisrelevanz wissenschaftlicher <strong>Theorie</strong>n lesen, die Partizipation als Restkategorie,<br />
als Unsicherheitsfaktor behandeln. Was dieses positive Urteil schmälert, ist die oft recht<br />
unübersichtliche Argumentation. Eine Gesamtzusamrnenfassung am Ende der Arbeit<br />
wäre angebracht.<br />
Gerd-Uwe Watzlawczik (München)<br />
Erziehungswissenschaft<br />
Bronfenbrenner, Urie: Die Ökologie der menschlichen Entwicklung. Natürliche <strong>und</strong> geplante<br />
Experimente. Verlag K1ett-Cotta, Stuttgart 1981 (298 S., br., 44,- DM)<br />
Sozialisationstheorie <strong>und</strong> Sozialisationsforschung sind in der heutigen sozialwissenschaftlich-pädagogischen<br />
Diskussion in den Hintergr<strong>und</strong> getreten - damit auch ihre<br />
praktische Relevanz, die sich in schichtbezogenen Defizithypothesen . <strong>und</strong> Ansätzen<br />
»kompensatorischer Erziehung« zeigte. Bronfenbrenners Buch stellt den Versuch dar,<br />
einen neuen theoretischen Bezugsrahrnen <strong>für</strong> die empirisch-experimentelle Forschung zu<br />
entwerfen, der ebenfalls <strong>für</strong> praktische Konsequenzen aus Ergebnissen der Sozialisationsforschung<br />
eine neue Perspektive eröffnen soll. Die angestrebte Verzahnung zeigt<br />
sich in der Diskussion des Verhältnisses von Wissenschaft <strong>und</strong> Politik sowie von Labor<strong>und</strong><br />
Feldforschung. Bronfenbrenners ökologische <strong>Theorie</strong> zweifelt nicht die Geltung<br />
von Laborexperimenten an, sondern sieht deren Grenzen in ihrer Verallgemeinerbarkeit:<br />
das Labor stellt selbst eine außergewöhnliche ökologische Situation dar, deren Sonderstellung<br />
vom Forscher mitreflektiert werden muß (125ff.). Eine solche Perspektive bedeutet<br />
- <strong>und</strong> dies ist der eigentliche Kritikpunkt -, das subjektive Erleben der Versuchsperson<br />
als relevanten Faktor der Versuchsanordnung ernstzunehmen, der wiederum<br />
in Wechselwirkung steht mit der objektiven Situation <strong>und</strong> dem vermuteten Erleben<br />
Anderer. Diese Berücksichtigung des subjektiven Faktors in der Forschung bedeutet <strong>für</strong><br />
Bronfenbrenner, daß Laborexperirnente vor allem in frühen Forschungsstadien als heuristisches<br />
Hilfsmittel zur Hypothesenbildung sinnvoll sind (36). Zugleich verweist die<br />
Ökologische Orientierung auf eine erhöhte Bedeutung des Feldexperiments, als dessen<br />
höchste Form das »Transformationsexperiment« gilt (58), bei dem wichtige Merkmale<br />
gesellschaftlich-kultureller Einheiten systematisch <strong>und</strong> kontrolliert verändert werden.<br />
Eben dies setzt eine Zusammenarbeit von Wissenschaft <strong>und</strong> Politik voraus - ihre<br />
»funktionale Integration« (24), bei der die Wissenschaft der Sozialpolitik nicht nur Daten<br />
liefert, sondern bei der die Politik durch gezielte soziale Veränderungen der Wissen-