Abschlussbericht - IW
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Institut der deutschen Wirtschaft Köln<br />
Unternehmer und Soziale Marktwirtschaft im Schulbuch<br />
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1 Problemstellung<br />
Ein funktionierendes freiheitlich-demokratisches Gesellschaftssystem setzt voraus, dass seine<br />
Mitglieder die Lebens- und Handlungsfähigkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe besitzen. Der<br />
Erwerb von Bürgersouveränität liegt dabei ebenso im staatlichen Interesse wie der Erwerb der<br />
Konsumentensouveränität, durch die Individuen als Wirtschaftsbürger mittels Kauf- und<br />
Tauschakten auf den Gütermärkten partizipieren können. Diesen Ansprüchen wird grundsätzlich<br />
dadurch entsprochen, dass das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates steht<br />
(Art. 7 Abs. 1 GG). Diese staatliche Zuständigkeit ist jedoch nicht auf die äußere Organisation<br />
des Schulwesens beschränkt, sondern umfasst einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Es gibt<br />
also ein begründetes, staatliches Interesse, alle jungen Menschen über schulische Sozialisation<br />
in das bestehende Gesellschaftssystem zu integrieren. Dieser explizite staatliche Erziehungsauftrag<br />
ist – so das Bundesverfassungsgericht 1 – dem elterlichen Erziehungsrecht nicht nachgeordnet,<br />
sondern gleichgestellt 2 . Er umfasst nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern hat<br />
auch zum Ziel, den einzelnen Schüler zu einem selbstverantwortlichen Mitglied der Gesellschaft<br />
heranzubilden. Im Rahmen ihres Erziehungs- und Bildungsauftrages obliegt es dem öffentlichen<br />
Schulsystem daher unter anderem, jungen Menschen grundlegende Kenntnisse über die Struktur<br />
der Berufs- und Arbeitswelt und die Bedingungen ihres Wandels zu vermitteln und sie zu befähigen,<br />
verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, kulturellen<br />
und politischen Leben teilzunehmen und ihr eigenes Leben zu gestalten. Die Sozialisation im<br />
Rahmen einer allgemeinen Schulbildung dient somit der Reproduktion und Legitimation des kulturellen<br />
und politischen Systems.<br />
Der Begriff Soziale Marktwirtschaft beschreibt die seit sechs Jahrzehnten in der Bundesrepublik<br />
Deutschland gültige Wirtschaftsordnung. Grundlage des Leitbildes der Sozialen Marktwirtschaft<br />
sind die Arbeiten von Walter Eucken und Alfred Müller-Armack aus den 1930er Jahren, deren<br />
Kernforderung die Gewährleistung einer funktionierenden Wettbewerbesordnung durch den<br />
Staat darstellt. Zu den konstituierenden Prinzipien der Wettbewerbsordnung zählen das Primat<br />
der Währungspolitik, offene Märkte, Privateigentum, Vertragsfreiheit, Haftung sowie Konstanz<br />
und Verlässlichkeit der Wirtschaftspolitik. Zu den regulierenden Prinzipien der Wettbewerbsordnung<br />
gehören Einkommenspolitik sowie die Vermeidung von Monopolbildung und Machtmissbrauch<br />
(Eucken, 1952, 254 ff.) Da jedoch nicht nur eine ökonomische Interdependenz besteht,<br />
sondern auch eine Interdependenz der Wirtschaftsordnung mit allen übrigen Lebensordnungen,<br />
wird neben der Konjunkturpolitik auch die Sozialpolitik in erster Linie als Wirtschaftsordnungspolitik<br />
verstanden. Deren Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürger, die selbst kein Einkommen erzielen,<br />
das Existenzminimum und somit soziale Gerechtigkeit zu garantieren.<br />
Ziel des Leitbilds der Sozialen Marktwirtschaft ist es, Ansätze des Liberalismus und der christlichen<br />
Soziallehre innerhalb einer sozialen und demokratischen Grundordnung miteinander zu<br />
verbinden. Deshalb sind marktwirtschaftliche Ordnung und Rechtsstaat untrennbar miteinander<br />
verbunden – durch die verfassungsrechtliche Garantierung von Grundrechten: Zum Beispiel der<br />
Freizügigkeit, der Freiheit des Eigentums und der Meinungsäußerung und überhaupt der Freiheit<br />
der Person (Eucken, 1952, 48). Aus diesen Überlegungen heraus wurde die Konzeption<br />
der Sozialen Marktwirtschaft für den Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg als Alternative zu einer staatlich gelenkten Wirtschaft entwickelt. Ihre politi-<br />
1<br />
BVerfGE 34, 165 (183); 52, 223 (236).<br />
2<br />
Hermann Avenarius / Hans Heckel, 2000, Schulrechtskunde, 62.<br />
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<strong>Abschlussbericht</strong> vom 11. Januar 2010 Seite 7 von 114