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2.2 Genese der Professionalisierungs- und Sozialmanagementdiskussionen<br />

2.2.1 Deutsches Reich und Folgen der industriellen Revolution<br />

Die Soziale Arbeit <strong>als</strong> Disziplin und Profession hat in Deutschland eine lange Tradition,<br />

deren Anfänge sich bis auf die industrielle Revolution in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

zurückverfolgen lassen. Sozialpolitisch ist dies die Zeit der Einführung des bis<br />

heute bestehenden und weiterentwickelten Sozialversicherungssystems durch Bismarck,<br />

das zu jener Zeit die grassierende Verelendung breiter Massen der Gesellschaft jedoch<br />

alleine nicht aufzuhalten vermochte. Neben den im Deutschen Reich schon bestehenden<br />

zahlreichen Formen der privaten, spontanen und eher unorganisierten Hilfstätigkeiten für<br />

Arme und Verelendete besonders in den großen Städten und Ballungsgebieten bildeten<br />

sich zunehmend Vereine und andere organisationsförmige Strukturen. Es war auch die<br />

Zeit der Gründung der ersten Wohlfahrtsverbände (vgl. Rock 2010, S.18-21). Parallel dazu<br />

wurden nach angelsächsischem Vorbild „Formen der Verberuflichung (Ausbildung,<br />

Qualifizierung) und Verwissenschaftlichung (Theoriebildung)“ (Engelke, Borrmann und<br />

Spatscheck 2009, S. 171) in den Bereich der Fürsorge und Wohlfahrtspflege eingeführt.<br />

Die zunehmende Erkenntnis, dass ein „Hilfesystem, das auf einer besonderen Ermittlungs-<br />

und Vermittlungsarbeit beruht, bestimmte fachliche Kenntnisse und dementsprechende<br />

Qualifikationen“ (ebd., S. 170) benötigt, führte im Deutschen Reich dazu, dass<br />

kurz vor der Jahrhundertwende die ersten Ausbildungsstätten für Frauen 5 eingerichtet und<br />

nach und nach eine berufsspezifische Lehre und eine Wissenschaft der Wohlfahrtspflege<br />

aufgebaut wurden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts können im deutschen Sprachraum<br />

zahlreiche Versuche einer Theoriebildung für die Soziale Arbeit nachgewiesen werden bis<br />

hin zur Einrichtung von Lehrstühlen für soziale Fürsorge, allgemeine Wohlfahrtspflege und<br />

Caritaswissenschaft ab 1910 (vgl. ebd., S. 171-172). Bereits in dieser frühen Phase<br />

zeichneten sich allerdings erhebliche Differenzen bezüglich der Gegenstandsbestimmung<br />

Sozialer Arbeit ab. Theoretikerinnen, wie in Deutschland etwa Alice Salomon und Ilse Arlt,<br />

problematisierten fehlende Lern- und Bildungsmöglichkeiten und betonten,<br />

„dass Armut sowie das von der Gesellschaft verurteilte unwirtschaftliche und abweichende Verhalten<br />

in erster Linie auf strukturell verhinderte Bedürfnisbefriedigung, kulturell unangemessene, ausschließlich<br />

individualistische Deutungsmuster der Armut und Erwerbslosigkeit und die dabei erzwungenen<br />

psychischen und sozialen Prozesse der Anpassung an Mangellagen zurückzuführen<br />

seien. […] Auch dann, wenn es um eine Problemdiagnose von Individuen ging, wurde immer ihr<br />

soziales Umfeld, ihre Mitgliedschaft zu sozial diskriminierenden Kategorien mitberücksichtigt. […]<br />

5 Ein wesentlicher Antrieb der Verberuflichung und beginnenden Disziplin- und Professionsentwicklung der Sozialen Arbeit<br />

war die bürgerliche Frauenbewegung, deren Protagonistinnen danach strebten, das Recht auf außerhäusige berufliche<br />

Tätigkeit durchzusetzen und „die fraulichen und mütterlichen Werte aktiv in die Gesellschaft, in die soziale Tätigkeit einbringen<br />

[wollten]“ (Engelke, Borrmann und Spatscheck 2009, S. 172). Diese Anfangsbedingungen haben nachhaltig dazu geführt,<br />

„dass soziale Berufstätigkeiten unverändert ein durch Frauen geprägter Berufssektor ist, der zudem einen hohen Grad<br />

teilzeitbeschäftigter Arbeitsverhältnisse aufweist.“ (Boeßenecker 2009, S. 371)<br />

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