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schulen und den dort lehrenden Sozialtheoretikern hinzu. Der in dieser Zeit an deutschen<br />
Hochschulen geführte „Positivismusstreit“ zwischen Vertretern des Kritischen Rationalismus<br />
(Popper, Albert) einerseits und Vertretern der dialektisch-kritischen-Theorie (Frankfurter<br />
Schule: Adorno, Horkheimer, Habermas) andererseits wurde auch in der Pädagogik<br />
ausgetragen und hatte erheblichen Einfluss auf die Entwicklungen in der Sozialen Arbeit.<br />
In der Folge dieser Auseinandersetzungen und unter dem Einfluss der Studentenbewegung<br />
wurde Emanzipation zum Schlüsselbegriff einer sich ausbreitenden Gesellschaftskritik.<br />
(vgl. Staub-Bernasconi 2007, S. 142, 145 und Engelke, Borrmann und Spatscheck<br />
2009, S. 340-341) Innerhalb der Sozialen Arbeit richtete sich diese Kritik auch gegen<br />
Strukturen, Einrichtungen und Arbeitsweisen der Sozialen Arbeit selbst. Diese wurden<br />
einerseits versucht, <strong>als</strong> Protagonisten im Klassenkampf zu vereinnahmen, andererseits<br />
gerieten sie zunehmend <strong>als</strong> Werkzeuge im Dienst der Kapitalinteressen und herrschenden<br />
Klassen in die Kritik. „Als Erbschaft aus dieser Theoriephase müssen die erstaunlichen,<br />
negativen Selbstettikettierungen der Sozialarbeitenden <strong>als</strong> Flickschusterin, Mülleimer,<br />
Prostituierte, Waschlappen der Nation und dergleichen mehr betrachtet werden.“<br />
(Staub-Bernasconi 2007, S. 146)<br />
Bald verbreitete sich innerhalb der Sozialen Arbeit eine gewisse Ernüchterung angesichts<br />
enttäuschter Reform- oder sogar Revolutionshoffnungen, die dazu führte, dass sich das<br />
wissenschaftliche Interesse auf das Individuum und seine nicht gelungene, häufig nicht<br />
näher bestimmte „Normalisierung“, bzw. sein abweichendes Verhalten fokussierte. Ohne<br />
sich der Mühe unterzogen zu haben, ein differenziertes Menschen- und Gesellschaftsbild<br />
ausgearbeitet und zugrunde gelegt zu haben, interessierte man sich für die Alltags- und<br />
Lebenswelt der Klientel und prangerte Ausgrenzung, Etikettierung und Stigmatisierung an.<br />
In der Kritik standen auch hier wiederum die Instanzen, Einrichtungen und Tätigen der<br />
Sozialen Arbeit, die <strong>als</strong> entfremdende Systeme einer per se menschenfreundlicheren Alltags-<br />
und Lebenswelt gegenübergestellt wurden. Wissenschaftlichkeit, Spezialisten- und<br />
Expertentum galten nun <strong>als</strong> Enteignung, Herrschaft und Kolonialisierung (vgl. Staub-<br />
Bernasconi 2007, S. 146-147).<br />
„Professionalisierung ist <strong>als</strong>o nicht mehr <strong>als</strong> Antwort auf fehlende, sondern <strong>als</strong> Enteignung sozialer<br />
Problemlösungskompetenzen zu verstehen […] und die entstehenden Bürgerinitiativen und<br />
Selbsthilfebewegungen mit ihrer Kritik an entmündigenden Hilfeformen […] tragen das ihre dazu<br />
bei, die theoretischen Debatten um Entprofessionalisierung einzuleiten.“ (ebd., S. 147)<br />
Seit dem Inkrafttreten des BSHG und des JWG konnte die freie Wohlfahrtspflege eine<br />
beträchtliche Zunahme ihres Umfangs und Wirkungskreises, sowie der Aufgabenfelder<br />
von Sozialarbeiter/innen und Sozialpädagog/inn/en verzeichnen:<br />
„Ausweitung der Allgemeinen Sozialen Dienste, Heimerziehung mit neuen Betreuungsformen<br />
wie Wohngemeinschaften und betreutes Einzelwohnen, Sozialpsychiatrische Dienste, Erzie-<br />
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