Festivalkatalog der Ruhrtriennale 2022
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In <strong>der</strong> christlichen Glaubenspraxis bietet das Rezitieren des Rosenkranzes ein rituelles<br />
Gefäß für die Meditation. Ein Moment <strong>der</strong> Konzentration und <strong>der</strong> Versenkung steht am<br />
Eingang zu einem vielfältigen Festivalprogramm. Beispiellos in ihrem Formenreichtum<br />
und ihrer Virtuosität durchlaufen Heinrich Ignaz Franz Bibers Mysteriensonaten für Violine<br />
und Generalbass (auch bekannt als Rosenkranzsonaten) die drei Stadien <strong>der</strong> Jesus-<br />
Geschichte: den »freudenreichen«, den »schmerzensreichen« und den »glorreichen«<br />
Rosenkranz. Dafür nimmt Bibers Erzählung die Perspektive <strong>der</strong> Gottesmutter Maria ein.<br />
Wortlos, nie belehrend o<strong>der</strong> katechisierend, for<strong>der</strong>t seine Komposition die vollständige<br />
Hingabe <strong>der</strong> Interpret:innen. Stück für Stück wird die Violine weiter verstimmt – eine faszinierende,<br />
seinerzeit unverstandene Beson<strong>der</strong>heit. Diese Skordaturen (Verstimmungen)<br />
bringen das Instrument in wi<strong>der</strong>sprüchliche Spannungsverhältnisse, provozieren klangliche<br />
Reibungen.<br />
An den Spielorten in Bochum, Essen und Duisburg wird zeitgleich eine jeweils von den<br />
Solist:innen individuell zusammengestellte Auswahl von Sonaten aus allen drei Teilen –<br />
dem freudenreichen, dem schmerzensreichen und dem glorreichen Rosenkranz – sowie<br />
die abschließende Passacaglia zu hören sein. Sie verbinden die drei Städte des Ruhrgebiets<br />
zu einem großen, dezentralen Resonanzraum.<br />
In the practice of Christian beliefs, reciting the rosary provides a ritual vessel for meditation.<br />
A moment of concentration and contemplation features at the beginning of the<br />
festival programme. Unparalleled in their richness of form and virtuosity, Heinrich Ignaz<br />
Franz Biber’s Mysteriensonaten (Mystery Sonatas), written for violin and continuo, embrace<br />
the three stages of the story of Jesus: the »joyful« the »sorrowful« and the »glorious«<br />
Rosary. Biber’s narrative is from the perspective of Mary, the Mother of God. Wordlessly,<br />
never moralising or catechising, his composition demands absolute dedication<br />
from its performers. The violin is progressively detuned – a fascinating feature that was<br />
not un<strong>der</strong>stood in its time. These scordaturas force the instrument into contradictory<br />
tensions and provoke expressive sonic frictions.<br />
A selection of sonatas from all three parts of the Rosary, chosen individually by the soloists,<br />
as well as the concluding Passacaglia, will be played at the three venues simultaneously,<br />
thus linking Duisburg, Bochum and Essen in one big, decentralised resonant space.<br />
An drei Orten zur gleichen Zeit:<br />
Turbinenhalle an <strong>der</strong><br />
Jahrhun<strong>der</strong>thalle Bochum ;<br />
Pumpenhalle, Landschaftspark<br />
Duisburg-Nord ;<br />
PACT Zollverein, Essen<br />
Tickets: 17 €,<br />
erm. ab 8,50 €<br />
Do 11. August ___________________ 19.00 Uhr<br />
Dauer: ca. 60min<br />
www.ruhr3.com/mysterien<br />
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