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Festivalkatalog der Ruhrtriennale 2022

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Verhältnisse, in denen die Person lebt: Warum habe ich<br />

geglaubt, Sex gehöre zu meinen ehelichen Pflichten? Warum<br />

glaube ich, kein »echter« Mann mehr zu sein, wenn ich<br />

keine Erektion bekommen kann? Warum können wir uns<br />

nicht zu dritt als Lebenspartner:innen eintragen lassen?<br />

Wir sprechen über Politik, wenn wir über Sex sprechen.<br />

Wir sprechen über Machtverhältnisse, wenn wir über Sex sprechen.<br />

Wir sprechen über Glaubenssätze, wenn wir über Sex sprechen.<br />

Wir sprechen über mediale Darstellungen, wenn wir über Sex sprechen.<br />

Wir sprechen über Religion, wenn wir über Sex sprechen.<br />

Wir sprechen über das Verlangen nach einer Revolution, wenn wir über Sex sprechen.<br />

Mit Intime Revolution möchten Mats Staub und ich ein<br />

kollektives Erlebnis ermöglichen und doch einen Rahmen<br />

bieten, <strong>der</strong> den Besucher:innen genügend Privatheit bieten<br />

kann. Wir verzichten auf jegliche Bil<strong>der</strong> und konzentrieren<br />

uns ganz auf das Zuhören – alle Erzählungen werden<br />

über Kopfhörer zu hören sein, aber niemand ist beim<br />

Hören allein. Inspiriert vom Vergleich zwischen Wein und<br />

Sex, haben wir uns für die Weinbar als Präsentationsort<br />

entschieden. Die Sitzordnung an Tischen, an denen die<br />

Zuhörer:innen entwe<strong>der</strong> allein o<strong>der</strong> mit ihrer Begleitung<br />

Platz nehmen, schafft eine private Situation innerhalb<br />

eines Raumes voller frem<strong>der</strong> Menschen. Uns gefällt auch<br />

die Haltung, die mit dem Besuch einer Vinothek einhergeht.<br />

Ein Lokal aufzusuchen, um ein Glas Wein zu genießen,<br />

ist nichts Luxuriöses, aber dennoch etwas Beson<strong>der</strong>es,<br />

das man sich gönnt. Diese Vorfreude und das Gefühl,<br />

sich damit etwas Gutes zu tun, wünschen wir auch den<br />

Besucher:innen unserer Audio-Vinothek. Und dass sie<br />

beim Hören <strong>der</strong> biografischen Erzählungen zu eigenen intimen<br />

Revolutionen angestiftet werden.<br />

Zum Beispiel von Marco: »Ich habe jetzt seit Ewigkeiten<br />

zum ersten Mal wie<strong>der</strong> jemanden kennengelernt,<br />

<strong>der</strong> mir gefällt. Ich habe ihn durch mein politisches Engagement<br />

für die ›Ehe für alle‹-Initiative getroffen. Es<br />

ist ganz frisch, wir sind seit drei Wochen zusammen.<br />

Sex hatten wir bisher noch keinen.«<br />

ANNA PAPST, wuchs im Zürcher Oberland auf und arbeitet als Regisseurin, Autorin und<br />

Drama turgin. Seit dem Abschluss ihres Regiestudiums an <strong>der</strong> ZhdK arbeitet sie an diversen<br />

Theaterhäusern <strong>der</strong> Freien Szene und Stadttheatern. Neben Stücken für Erwachsene<br />

inszeniert sie regelmässig für ein junges Publikum und arbeitet kollaborativ mit Künstler:innen<br />

aller Disziplinen zusammen. Intime Revolution ist das erste kollektives Langzeitprojekt<br />

mit Mats Staub.<br />

Foto: Sabrina Weniger (Anna Papst)<br />

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