Festivalkatalog der Ruhrtriennale 2022
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Wie ein amputierter Wurmfortsatz aus einer an<strong>der</strong>en Zeit verharrt die Turbinenhalle im<br />
Bochumer Westpark. Die Produktionsstätte hat ihre ursprüngliche Funktion verloren<br />
und wird nun neu besetzt: Sarah Nemtsovs Instrumentalzyklus HAUS (2013–<strong>2022</strong>) zieht<br />
in den Raum ein, tastet seine Oberflächen und Innereien ab, baut Zimmer übereinan<strong>der</strong><br />
und verkriecht sich in einer Kammer, schlägt Fenster in die Imagination und findet<br />
die Tür nicht mehr. Solominiaturen und Ensemblestücke für Harfe, Flöte, Klarinette,<br />
Schlagzeug und elektroakustisches Instrumentarium schaffen ein mehrdimensionales<br />
Gebilde und verhandeln komplexe Zustände von Gemeinschaft, Vereinzelung und Kontaktlosigkeit.<br />
Die Regie- und Videoarbeit von Heinrich Horwitz und Rosa Wernecke<br />
spürt gespeicherten Gewalterfahrungen nach, reißt Altes ab, um Platz für die Keimzelle<br />
einer utopischen Neukonstruktion zu machen. Das Publikum durchmisst die installative<br />
Szene mit den eigenen Schritten, kann selbst Blickachsen und Bewegungstempo definieren,<br />
während die Raumkomposition die Sinne fortwährend in produktive Desorientierung<br />
versetzt. Queere Transformationsprozesse erfassen Körper wie Raum, machen<br />
schwindelig, pellen die Wände, um ihr Mauerwerk nach außen zu tragen: »Dies ist ein<br />
dunkles Haus, sehr groß. / Ich selbst habe es gebaut. / Zelle für Zelle aus einer stillen<br />
Ecke, / auf grauem Papier kauend, / Leimtropfen schwitzend, / pfeifend, mit den Ohren<br />
wackelnd, / die Gedanken an<strong>der</strong>swo.« Sylvia Plath<br />
The Turbinenhalle remains in Bochum’s Westpark, where it lies like a removed appendix.<br />
This production centre has lost its original purpose and now has new occupants:<br />
Sarah Nemtsov’s instrumental cycle HAUS (2013–<strong>2022</strong>) has moved into the space, felt its<br />
surfaces and innards, built »rooms« on top of each other and snuggled into a »garret«,<br />
put in windows to the imagination and can no longer find the »door«. Solo miniatures and<br />
ensemble pieces for harp, flute, clarinet, percussion and electro-acoustic instruments<br />
create a multi-dimensional structure and negotiate complex states of community, isolation<br />
and lack of contact. The direction and video work of Heinrich Horwitz and Rosa<br />
Wernecke trace memories of violent experiences, tearing down the old to create the nucleus<br />
for a new, utopian construction. The audience navigates this staged installation<br />
with its own steps and can select visual axes and speeds of movement to suit itself,<br />
while the spatial composition continually pushes the senses into a state of productive<br />
disorientation. Queer transformation processes seize both bodies and space, causing<br />
dizziness and peeling away the surface of the walls, exposing their brickwork: »This is a<br />
dark house, very big. / I made it myself, / Cell by cell from a quiet corner, / Chewing at the<br />
grey paper, / Oozing the glue drops, / Whistling, wiggling my ears, / Thinking of something<br />
else.« Sylvia Plath<br />
Komposition<br />
Sarah Nemtsov<br />
Regie, Raum<br />
Heinrich Horwitz<br />
Raum, Video, Licht<br />
Rosa Wernecke<br />
Kostüme<br />
Magdalena Emmerig<br />
Sound Design<br />
Paul Jeukendrup<br />
Dramaturgie<br />
Johanna Danhauser<br />
Regie- und Bühnenbildassistenz<br />
Lina Gasenzer<br />
Inspizienz<br />
Lea Theus<br />
Performer:innen<br />
Synthesizer, Elektronik<br />
Sebastian Berweck<br />
Klarinette<br />
Laurent Bruttin<br />
Harfe<br />
Valeria Kafelnikov<br />
Flöte<br />
Susanne Peters<br />
Perkussion<br />
Jonathan Shapiro<br />
Turbinenhalle an <strong>der</strong><br />
Jahrhun<strong>der</strong>thalle Bochum<br />
Szenische Uraufführung des<br />
Instrumentalzyklus<br />
Mi 31. August _________________ 20.00 Uhr<br />
Do 01. September _______ 20.00 Uhr<br />
Fr 02. September _______ 20.00 Uhr<br />
Sa 03. September _______ 20.00 Uhr<br />
So 04. September _______ 20.00 Uhr<br />
Mi 07. September _______ 20.00 Uhr<br />
Tickets: 37 €, ermäßigt 18,50 €<br />
Ohne Sprache<br />
Eine Produktion <strong>der</strong><br />
<strong>Ruhrtriennale</strong><br />
Aufführungsrechte Musik:<br />
G. Ricordi & Co. Bühnen- und<br />
Musikverlag GmbH<br />
Mit freundlicher Unterstützung<br />
<strong>der</strong> Rudolf Augstein Stiftung<br />
Dauer: ca. 90min<br />
www.ruhr3.com/haus<br />
49