mand mehr in einer Zweigeschlechterlogik einzuordnen ist, son<strong>der</strong>n einfach eine <strong>der</strong> vielen verfügbaren Möglichkeiten wählt. Und es ist absolut angemessen, dir dein eigenes Label zu schaffen. Diese Erfahrungen könnten subjektiver nicht sein. Repräsentationssysteme in ihrem Zerfall zu beobachten, kann sehr befriedigend sein, denn es handelt sich in einem größeren Sinne um Wachstumsschmerzen gesellschaftlicher Dissonanzen. Viele Individuen werden sich gerade <strong>der</strong> Tatsache bewusst, dass sie mehr sein können, als das System erlaubt; dass unser Bewusstsein uns Entwicklungen ermöglicht, die weit über das hinausgehen, in welche Rolle wir hineingeboren wurden. Der Akt <strong>der</strong> Selbstzerstörung ist unerbittlich verknüpft mit <strong>der</strong> Vorstellung, etwas Neues zu werden. Es handelt sich um eine sehr universelle Metapher, die Idee, dass Menschen in einem kontinuierlichen Prozess aktiv daran wirken, ihr altes Selbst zu zerstören, um neue Verknüpfungen und Möglichkeiten zu schaffen. DICH SELBST ZU PERFORMEN, IST EINFACHER, ALS DU SELBST ZU SEIN Persönlich glaube ich, dass kein Mensch Hormone braucht, um trans zu sein. Aber es ist extrem interessant, als transmaskuline Person Testosteron zu nehmen, weil wir es mit einer an<strong>der</strong>en Erfahrung vergleichen können. In meiner Utopie wäre es sehr erhellend und würde viel Gutes hervorbringen, wenn alle Menschen mal das in ihrem Körper weniger vorherrschende Hormon ausprobieren würden. SA: So persönlich, intim und uninszeniert Seek Bromance auf den ersten Blick erscheint, natürlich handelt es sich um ein gemachtes Produkt, das von einem Künstler geschaffen wurde. Es gibt also auch einen brutalen, wohlkalkulierten, inszenierten und öffentlichen Aspekt, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> dritten Protagonistin vertreten ist: <strong>der</strong> Kamera. Ist das eine dystopische Ebene? Die Verschränkung von Privatheit und Öffentlichkeit o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Instagram-Einfluss auf unsere Erfahrung von Intimität? SE: Dich selbst zu performen, ist einfacher, als du selbst zu sein. Und während diese Unterscheidung ein schmaler Grat ist, insbeson<strong>der</strong>e in unserer Zeit, so besteht sie doch weiterhin. Die Kamera ermöglicht uns, weniger zu sein als die Summe unserer Teile. Wir können einen Winkel fokussieren, Überflüssiges herausschneiden, einen Moment erschaffen, <strong>der</strong> vom Ganzen getrennt und nicht davon verdorben ist. Seek Bromance ist ein perfektes Beispiel dafür. Trotz Frustrationen und Streit bot jede Szene, die wir produzierten, ein neues Moment, um etwas in unserer Beziehung besser hinzubekommen. Wie ich zuvor erwähnte, denke ich, dass ein enormer Teil unseres Selbstbildes durch die Spiegelungen entsteht, die wir in an<strong>der</strong>en sehen – und die Kamera stellt die hypothetischen an<strong>der</strong>en dar. Es klingt manipulativ, aber wir befinden uns ständig in Bearbeitung, in einer Art permanentem Filmschnitt. Es gibt den »Activist-Schnitt«, den »Sexy-Schnitt«, den »Ich-bin-glücklich-Schnitt«. Und während wir das mit an<strong>der</strong>en automatisch machen (indem wir sie spiegeln), ist es schwieriger, sich selbst zu editieren. Cade und ich haben uns schon vorher viel gefilmt und in einem gewissen Maß leben wir das Leben, als sei es ein Film. Ich neige dazu, uns als unsere eigene Fallstudie zu betrachten. Ein bisschen wie ein Gemälde, das sich selbst kommentiert. Hinsichtlich <strong>der</strong> Zeit, die wir zusammen verbracht haben, denke ich bis heute, dass wir beide nicht mit Gewissheit sagen können, wie viel von unserer Begegnung echt und wie viel davon performt war. Ich glaube, wir zweifelten permanent aneinan<strong>der</strong>, mäßigten unsere Gefühle und Erwartungen, während wir zugleich den Einsatz erhöhten, um »ja« und »mehr davon« zu <strong>der</strong> improvisatorischen Qualität eines jeden Moments sagen zu können. Manchmal fühlte es sich so an, als seien wir Charaktere aus unterschiedlichen Filmen. Und beide versuchten, die an<strong>der</strong>e Figur in den eigenen Bildrahmen zu holen. SA: Virus und Ansteckung sind ebenfalls Themen in Seek Bromance. Nicht nur, weil du die letzten beiden Menschen in einer zur Wüste gewordenen, postapokalyptischen Welt eingefangen hast. Auch in <strong>der</strong> Beziehung zwischen Cade und dir scheint es eine Art infektiöses Liebesvirus zu geben o<strong>der</strong> einen ansteckenden Willen, zum Objekt <strong>der</strong> Begierde zu werden. Cade sagt an einer Stelle: »Die meisten Menschen wollen ficken, was sie begehren; ich will zu dem werden, was ich begehre.« Wie stark ist diese Form <strong>der</strong> Anverwandlung in Seek Bromance? SE: Das ist schwer zu sagen. Ich weiß, dass es Dinge gab, die wir wi<strong>der</strong>willig voneinan<strong>der</strong> übernahmen, und an<strong>der</strong>e Dinge, nach denen wir strebten, die wir aber nicht hinbekamen. Doch am Ende gab es, glaube ich, mehr Dinge, an denen wir abprallten, als solche, durch die wir uns verbinden konnten. Obwohl wir uns drei Monate so nah waren, beinahe 24/7, konnten wir erst durch die Trennung ein wirkliches Verständnis füreinan<strong>der</strong> entwickeln. Nachdem ich zurückkam, musste ich mir erst wie<strong>der</strong> darüber klar werden, wer ich in Abwesenheit von Cade eigentlich bin. Es gab kein Zurück zu meinem Selbst vor Covid. Aber es ist hart, in <strong>der</strong> Isolation einer elend einsamen Quarantäne herauszufinden, wer du bist. Es geht in dem Werk viel um Isolation und Einsamkeit und den Verlust von Community. Doch es gibt viele Versionen von mir und Cade. Es gibt ein Gefühl, dass wir dem Ende <strong>der</strong> Welt nah waren. Als ob wir die letzten beiden Menschen auf einem Planeten gewesen wären, auf dem alles ausgelöscht wurde und die Bevölkerung aufgrund irgendeiner Seuche ausgestorben ist. Das hatte zur Folge, dass wir nicht von <strong>der</strong> Welt angesteckt werden konnten, son<strong>der</strong>n nur voneinan<strong>der</strong>. Die Wüste ist tatsächlich eine <strong>der</strong> Hauptfiguren in dieser Arbeit. Ein Freund, <strong>der</strong> den Schnittprozess mitbekam, erkannte in <strong>der</strong> Wüste beinahe eine Transallegorie: die Wüste als Ausgangspunkt <strong>der</strong> Vorstellungskraft. 206
MEIN TRAUMHAUS HAT KEINE WÄNDE… ABER EINE HEIZUNG * SARAH NEMTSOV, HEINRICH HORWITZ UND HENRIETTE GUNKEL Komponistin Sarah Nemtsov und Regisseur:in Heinrich Horwitz im Gespräch über das Musiktheaterprojekt HAUS mit Henriette Gunkel, Professorin am Lehrstuhl Transformationen audiovisueller Medien unter <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Berücksichtigung von Gen<strong>der</strong> und Queer Theory (Ruhr-Universität Bochum), mo<strong>der</strong>iert von Dramaturgin Johanna Danhauser. HAUS Sarah Nemtsov / Heinrich Horwitz / Rosa Wernecke Musiktheater / Szenische Uraufführung ab 31. August <strong>2022</strong> Siehe S. 48 _______________ www.ruhr3.com/haus 207
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