Festivalkatalog der Ruhrtriennale 2022
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Die Arbeit Aparición macht auf die erschütternd hohe Zahl <strong>der</strong> Morde gegen Frauen<br />
in Deutschland aufmerksam. 2021 erschien die Aktionskünstlerin Regina José Galindo<br />
jeden dritten Tag als anonymer Frauenkörper im öffentlichen Raum des Ruhrgebiets und<br />
Videos zeigten die Aktion auf <strong>der</strong> Internetseite <strong>der</strong> <strong>Ruhrtriennale</strong>. Weil das Thema lei<strong>der</strong><br />
an Aktualität und Dringlichkeit nicht verloren hat, werden dieses Jahr Motive <strong>der</strong> Arbeit<br />
im Stadtraum Bochums als Plakat-Mahnmal für die ermordeten Frauen erscheinen.<br />
Regina José Galindo und viele an<strong>der</strong>e Künstler:innen und Aktivist:innen kämpfen um<br />
Sichtbarkeit, um den Tatbestand in die Aufmerksamkeit zu bringen. Der Begriff »Femizid«<br />
(Mord an Frauen, weil sie Frauen sind) macht Gewalt gegen Frauen in häuslicher<br />
Gewalt und <strong>der</strong>en systemischen Charakter benennbar, und wird im US- und lateinamerikanischen<br />
Kontext selbstverständlich verwendet. Im deutschsprachigen Raum<br />
wird er allerdings nur im journalistischen Kontext eingesetzt – erst <strong>2022</strong> entsteht eine<br />
erste evidenzbasierte Studie dazu – und hat keine strafrechtliche Relevanz o<strong>der</strong> Verwendung<br />
im juristischen Bereich. Die Dunkelziffer <strong>der</strong> Taten in Deutschland wird daher<br />
weit höher liegen, denn Femizide geschehen immer noch größtenteils unerkannt und<br />
werden als »Beziehungstat« o<strong>der</strong> »Ehedrama« bagatellisiert. Deutschland, das Land,<br />
in dem Vergewaltigung in <strong>der</strong> Ehe bis zum Jahr 1997 nicht einmal als Verbrechen angesehen<br />
wurde. Und selbst damals stimmten im Bundestag immer noch 138 Bundestagsabgeordnete<br />
dagegen – unter ihnen auch <strong>der</strong> jetzige CDU-Vorsitzende.<br />
Konzept<br />
Regina José Galindo<br />
Fotografie<br />
Lutz Henke<br />
Dramaturgie<br />
Aljoscha Begrich<br />
The work Aparición draws attention to the horrifically high number of mur<strong>der</strong>s committed<br />
against women in Germany. In 2021, performance artist Regina José Galindo would<br />
appear every three days as an anonymous female body in a public location in the Ruhr<br />
region and videos of this intervention would be published on the <strong>Ruhrtriennale</strong> website.<br />
Sadly this topic has lost none of its relevance and urgency, so this year, motifs from the<br />
work will be displayed in poster memorials to the mur<strong>der</strong>ed women across public spaces<br />
in Bochum.<br />
Regina José Galindo and many other artists and activists are fighting to be seen and to<br />
draw attention to the facts. The term »femicide« (the mur<strong>der</strong> of women because they<br />
are women) is intended to help identify violence against women in cases of domestic<br />
violence, as well as its systemic character, and is now used as a matter of course in the<br />
USA and Latin America. In German-speaking cultures, however, journalists have been<br />
extremely hesitant to employ it – the first evidence-based study did not appear until<br />
<strong>2022</strong> – and it has no relevance in law and is not used in legal circles. The actual number<br />
of mur<strong>der</strong> cases in Germany is therefore likely to be far higher because femicide tends to<br />
go largely unrecognised and is trivialised as »relationship problems« or »marital dramas«.<br />
Furthermore, in Germany, the country where rape within marriage was not even seen as<br />
a crime until 1997. Even then, 138 members of parliament still voted against the law being<br />
changed, among them the present chairman of the CDU.<br />
Bochum Innenstadt<br />
Laufzeit<br />
23. August – 12. September<br />
Ein Auftragswerk <strong>der</strong><br />
<strong>Ruhrtriennale</strong><br />
Ohne Sprache<br />
www.ruhr3.com/erscheinung<br />
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