gesundheit ssysteme stellen sich der armut - World Health ...
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Auf <strong>der</strong> Suche nach neuen Wegen, Budaer Berge, Ungarn<br />
Wenn ein Obdachloser in Ungarn einen Schlafplatz für eine Nacht in Anspruch<br />
nehmen möchte, muss er an einer Lungen-Reihenuntersuchung teilgenommen<br />
haben. Bei positivem Befund müssen die Betroffenen ein Tuberkulose-Ambulatorium<br />
aufsuchen und sind laut Gesetz verpflichtet, <strong>sich</strong> einer Behandlung zu<br />
unterziehen. Doch die meisten Krankenhäuser lehnen die Aufnahme von<br />
Obdachlosen ab. Theoretisch gesehen müssten sie alle Patienten aufnehmen,<br />
doch in <strong>der</strong> Praxis überweisen sie die obdachlosen Tuberkulosepatienten an das<br />
Korányi-Krankenhaus für Pneumonologie, weil es dort das spezielle Programm<br />
im Gebäude L gibt.<br />
Dr. Kádár hat die Erfahrung gemacht, dass „Obdachlosigkeit auch Alkoholismus<br />
bedeutet“, und obdachlos und Alkoholiker zu sein bedeutet mit ziemlicher<br />
Sicherheit, dass man an Tuberkulose erkrankt. Sie fügt hinzu: „98% unserer<br />
Patienten sind schwere Trinker. Sie verbringen viele Monate hier. Wir entlassen<br />
sie erst, wenn sie sowohl von <strong>der</strong> Tuberkulose als auch vom Alkoholismus geheilt<br />
sind. Wir haben sehr gute Beziehungen zu Nachsorgeeinrichtungen und<br />
Freiwilligenorganisationen, die <strong>sich</strong> um die Zukunft <strong>der</strong> genesenden obdachlosen<br />
Patienten kümmern.“ Auf die Frage, wie viele <strong>der</strong> geheilten Tuberkulosepatienten<br />
einen Rückfall erleiden, fällt die Antwort enttäuschend aus. Wenn<br />
man die Frage auf diejenigen bezieht, die wie<strong>der</strong> obdachlos werden und auf <strong>der</strong><br />
Straße leben, lautet Dr. Kádárs Antwort „fast alle“.<br />
Der stellvertretende Leiter des Korányi-Krankenhauses, Professor Dezso Kozma,<br />
erläutert die allgemeine Tuberkulosesituation in Ungarn. Er erklärt, dass<br />
Tuberkulose schon immer die Krankheit <strong>der</strong> Armen ist. Allerdings hat niemand<br />
vorhersagen können, dass nach den politischen Verän<strong>der</strong>ungen in den späten<br />
80er Jahren die Zahl <strong>der</strong> Tuberkulosepatienten in Ungarn so steil ansteigen<br />
würde. Zwischen 1990 und 1995 lag <strong>der</strong> Anstieg bei 20%, schwächte <strong>sich</strong> in<br />
den späten 90er Jahren dann jedoch etwas ab. Laut den jüngsten Daten, die <strong>der</strong><br />
WHO im Jahr 2000 vorgelegt wurden, gab es in Ungarn 31 Tuberkulosepatienten<br />
pro 100 000 Einwohner. 19 Im Jahr 2000 wurden 3073 Patienten neu<br />
registriert, ein Jahr später war bei den Neuerkrankungen ein Anstieg auf 3320<br />
zu verzeichnen. In den ärmeren Gebieten im östlichen Teil des Landes ist die<br />
Mel<strong>der</strong>ate <strong>der</strong> Tuberkulosefälle doppelt so hoch wie in den westlichen Gebieten<br />
mit 50 pro 100 000 Einwohner.<br />
„Der Hauptgrund für die steigende Zahl an Patienten mit aktiver Tuberkulose<br />
sind die sozioökonomischen Verän<strong>der</strong>ungen“, erklärt Professor Kozma. Er fügt<br />
hinzu:<br />
19 Daten aus Computerized Information System for Infectious Diseases (CISID)<br />
(http://cisid.who.dk, eingesehen am 10. Juli 2002).<br />
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