05.01.2013 Aufrufe

Gesetz ohne Gott

Gesetz ohne Gott

Gesetz ohne Gott

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Anerkennung“ beschrieben wird. 423 Das jeweilige Menschenbild variiert je nach<br />

gesellschaftlichem Kontext, in dem sich solche Anerkennungsverhältnisse vollziehen; „eine<br />

Berufung auf die ‚Natur des Menschen’ kann also immer nur in einer Kulturgemeinschaft mit<br />

gleicher Grundlage des weltanschaulichen Überbaus zur Legitimation bestimmter<br />

Menschenrechte dienen.“ 424<br />

Einen nicht-relativistischen Boden der Begründung von Menschenrechten sucht Holz im<br />

425<br />

vor-juridischen Feld durch ein Konzept materialer Apriorität zu gewinnen. „In diesem<br />

Sinne eines materialen Apriori sprechen wir davon, dass der Mensch (zum mindesten als<br />

Rechtsperson) ein potentiell aus vernünftig begründbaren Entscheidungen handelndes Wesen<br />

ist.“ 426 Die Freiheit zur Selbstbestimmung im Vernunftgebrauch bezeichnet dabei einerseits<br />

das Gattungsmerkmal des Menschen als animal rationale bzw. als homo sapiens und<br />

charakterisiert zugleich den Menschen als Rechtsperson. Als Kriterium der Urteilsfähigkeit<br />

bildet sie die Voraussetzung, unter der eine Rechtsordnung allein zu einem System von<br />

verbindlichen Regeln gelangen kann. 427 Denn „Recht gibt es nur als Prinzip einer<br />

Gemeinschaft von vernünftigen, urteilenden Subjekten.“ 428 Da die Möglichkeit, seine<br />

Vernunft ungehindert gebrauchen zu können, gegeben sein muss, wo Menschen in einer durch<br />

Recht geordneten Gemeinschaft leben sollen, sieht Holz das fundamentale und unabdingbare<br />

Menschenrecht darin, die Vernunft im Menschen zu achten. 429<br />

Die Spezifikation dieses Menschenrechts als eines Singularetantum zu einem Katalog von<br />

Menschenrechten wird zusätzliche Parameter einbeziehen müssen, die auf die jeweiligen<br />

430<br />

historischen und kulturellen Besonderheiten bezogen bleiben. Insbesondere die differenten<br />

Konzeptionen des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft gilt es in Rücksicht zu<br />

nehmen, <strong>ohne</strong> allerdings einen Widerspruch mit dem fundamentalen Menschenrecht im<br />

Singular herbeizuführen.<br />

Zu ergänzen ist diese Konzeption durch einen von Derrida her gelesenen Aspekt der<br />

Hobbesschen Naturrechtstheorie, die, wenn auch in einem auf Selbsterhaltung fokussierten<br />

Sinn, ebenfalls die Vernunft zu ihrem Ausgangspunkt nimmt. Um der dritten Komponente<br />

gerecht zu werden, die in individueller Alterität besteht, muss eine die Natur des Menschen in<br />

ihrer Gesamtheit aufnehmende Naturrechtsidee eine Integration des Kriteriums der Billigkeit<br />

423<br />

Vgl. Hans Heinz Holz: „Über die apriorische Begründung von Menschenrechten“, in: Gerhard Haney,<br />

Werner Maihofer, Gerhard Sprenger (Hg.): Recht und Ideologie. Festschrift für Hermann Klenner zum 70.<br />

Geburtstag, Freiburg/Berlin: Rudolf Haufe 1996, S. 83-103, 87.<br />

424<br />

Ebd., S. 89.<br />

425<br />

Vgl. ebd., S. 90-94.<br />

426<br />

Ebd., S. 92.<br />

427<br />

Vgl. ebd., S. 93f. sowie ders.: „Die regulative Idee des Menschenrechts“, S. 17.<br />

428<br />

Ders.: „Über die apriorische Begründung von Menschenrechten“, S. 94.<br />

429<br />

Vgl. ebd., S. 95.<br />

430<br />

Vgl. ebd., S. 96.<br />

108

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!