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Gesetz ohne Gott

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gerät auch dessen dauerhafter Gebrauch zur Unvernünftigkeit: „Wer also meint, dass man am<br />

besten in dem Zustande geblieben wäre, wo allen alles erlaubt war, der widerspricht sich<br />

selbst; denn jeder verlangt aus natürlicher Notwendigkeit nach dem für ihn Guten, und<br />

niemand wird einen solchen Krieg aller gegen alle, welcher diesem Zustande natürlicherweise<br />

anhaftet, als etwas für ihn Gutes ansehen.“ 101 In Kriegszeiten steht die eigene Existenz<br />

dauerhaft in Gefahr, denn in ihnen kommen nicht nur alle zivilisatorischen Errungenschaften<br />

zum Erliegen, die das menschliche Leben gut, weil angenehm machen, sondern „es herrscht,<br />

was das Schlimmste von allem ist, beständige Furcht und Gefahr eines gewaltsamen Todes –<br />

das menschliche Leben ist einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz.“ 102<br />

Frieden wird zum grundlegenden Gut und zur Maxime jeder Vernunft. Da Hobbes die<br />

Existenz eines finis ultimus oder summum bonum, dessen Erreichen zufriedene Seelenruhe<br />

103<br />

garantieren könnte, bestreitet , liegt kein höherstufigeres Ziel als Frieden vor, weshalb<br />

diesem für jeden die grösste Bedeutung zukommen muss. Das vernunftgeleitete ius in omnia<br />

muss sich selbst Einhalt gebieten und bringt den Grund seiner Aufhebung eigens hervor. In<br />

dieser Aufhebung haben wir seine eigentliche Verwirklichung zu sehen, was zugleich<br />

bedeuten muss, dass das Hobbessche exeundum e statu naturali im natürlichen Recht, dessen<br />

unumschränkte Geltung den Naturzustand charakterisiert, seine Wurzel hat. Damit strebt der<br />

Naturzustand nicht aufgrund äusserer Zwänge und nicht einmal aus externen Erwägungen,<br />

sondern allein aus sich selbst heraus seinem Ende zu. Allein aus sich selbst heraus freilich<br />

insofern, als das natürliche Recht seine Orientierung – und damit seine Aufhebung – intern<br />

aus dem ihm einbeschriebenen natürlichen <strong>Gesetz</strong> erhält. Der Vernunftgrundsatz des<br />

natürlichen <strong>Gesetz</strong>es bildet die Leitlinie, an der entlang das natürliche Recht aus sich heraus<br />

und über sich hinaus gelangt. Was Simone Goyard-Fabre von der Freiheit des natürlichen<br />

Rechts behauptet und was darüber hinaus zu den verbreiteten Meinungen über das<br />

Hobbessche Naturrechtsdenken gehört, würde ich vor diesem Hintergrund in Abrede stellen:<br />

„It knows no limits, no marks, no references and no sanctions.“ 104 Weil es zum natürlichen<br />

<strong>Gesetz</strong> keinen Gegensatz bildet, sondern unter dessen Leitung steht, kann das ius naturale<br />

gerade eines nicht sein: „a pseudo-right, savage and anarchical“. 105<br />

Die Aufhebung ist der Modus, in dem die gegenstrebige Fügung von Recht und <strong>Gesetz</strong><br />

eine dominante Richtung erhält. In ihr erweist das <strong>Gesetz</strong> seinen Vorrang, indem es einerseits<br />

das Recht in seine Schranken nimmt und ihm andererseits seine Orientierung gibt. Da<br />

101<br />

Ders.: Vom Menschen; Vom Bürger, S. 84.<br />

102<br />

Ders.: Leviathan, 1991, S. 96.<br />

103<br />

Vgl. ebd., S. 75.<br />

104<br />

Simone Goyard-Fabre: „Metamorphosis of the Idea of Right in Thomas Hobbes’s Philosophy“, in: C. Walton<br />

and P. J. Johnson (Hg.): Hobbes’s ‚Science of Natural Justice’ (International Archives of the History of Ideas,<br />

Bd. 111), Dordrecht/Boston/Lancaster: Martinus Nijhoff Publishers 1987, S. 153-164, 158.<br />

105<br />

Vgl. dazu ebd., S. 162.<br />

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