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Gesetz ohne Gott

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fokussieren. Weshalb hingegen das bürgerliche Recht weniger Beachtung finden darf, werden<br />

die untenstehenden Ausführungen ergeben.<br />

Ziel dieses dritten Kapitels ist nicht allein die Vergewisserung darüber, dass ein im<br />

engeren Sinn naturrechtliches Konzept vorliegt, sondern auch eine Antwort auf die damit eng<br />

zusammenstehende Frage, welche Art Geltung das Hobbessche Naturrecht für sich reklamiert.<br />

Zunächst ist allerdings Rechenschaft abzugeben über die Wahl der Werke, die in meiner<br />

Auseinandersetzung im Zentrum stehen. Dreimal hat Hobbes seine politische Theorie in eine<br />

systematische Darstellung gefasst: 1640 in der von Ferdinand Tönnies erst 1889 postum<br />

veröffentlichten Schrift The Elements of Law, natural and politic, 1642 in De Cive und 1651<br />

im Leviathan. Die Forschung geht im Wesentlichen darin einig, dass die grundlegenden<br />

Überzeugungen relativ statisch bleiben und Verschiedenheiten primär darauf zurückzuführen<br />

sind, dass Hobbes’ staatsphilosophische Entwürfe von Mal zu Mal sowohl umfangreicher als<br />

auch argumentativ stimmiger werden. Als endgültiger Fassung fällt dem Leviathan deshalb<br />

die weitaus grösste Aufmerksamkeit zu. 54 Solcher Sicht der Dinge hat ein Exponent der<br />

Cambridge School of Intellectual History, der Historiker Quentin Skinner, mit dem Nachweis<br />

widersprochen, dass gewisse Elemente der Hobbesschen Theorie, insbesondere aber das<br />

Konzept der Freiheit, im Leviathan nicht bloss zu grösserer Konsequenz gelangen, sondern in<br />

derart neuer Weise gefasst sind, dass von einer Verwerfung früherer Positionen und von<br />

grundlegendem theoretischen Wandel zu sprechen sei. 55<br />

Wenn in der vorliegenden Arbeit<br />

dennoch der Leviathan als wichtigster Referenzpunkt genommen wird, hat dies seinen Grund<br />

darin, dass die systematischen Probleme ihre dauerhafte Wirkung vorrangig vom Leviathan<br />

her entfaltet haben. Ihre Behandlung im Hinblick auf dieses Werk lässt deshalb die<br />

Problemkontinuität am deutlichsten hervortreten. Zulässig ist eine solche Fokussierung<br />

freilich nur, weil Hobbes das für meine Argumentation zentrale Verhältnis von natürlichem<br />

Recht und natürlichem <strong>Gesetz</strong> keiner tiefgreifenden Wandlung unterzieht.<br />

Die Unterscheidung zwischen dem ius naturale, dem natürlichen Recht, und einer lex<br />

naturalis, einem natürlichen <strong>Gesetz</strong>, fällt zu Beginn des 14. Kapitels des Leviathan.<br />

Bezeichnet das natürliche Recht „die Freiheit eines jeden, seine eigene Macht nach seinem<br />

Willen zur Erhaltung seiner eigenen Natur, das heisst seines eigenen Lebens, einzusetzen“<br />

und die Mittel zu diesem Zweck nach Massgabe der eigenen Vernunft zu wählen, so finden<br />

wir in einem natürlichen <strong>Gesetz</strong> „eine von der Vernunft ermittelte Vorschrift oder allgemeine<br />

Regel, nach der es einem Menschen verboten ist, das zu tun, was sein Leben vernichten oder<br />

ihn der Mittel zu seiner Erhaltung berauben kann, und das zu unterlassen, wodurch es seiner<br />

54 Vgl. Iring Fetscher: „Einleitung“, in: Hobbes: Leviathan, 1991, S. IX-LXVI, XVIII.<br />

55 Vgl. Quentin Skinner: Freiheit und Pflicht. Thomas Hobbes’ politische Theorie (Frankfurter Adorno-<br />

Vorlesungen 2005, Institut für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main),<br />

aus dem Englischen von Karin Wördemann, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2008, S. 15 sowie S. 81-120.<br />

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