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Gesetz ohne Gott

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3. Die Suche nach dem Phänomen des Naturrechts bei Thomas Hobbes<br />

3.1 Die doppelte Unterscheidung der Hobbesschen Naturrechtskonzeption<br />

Die Behauptung, Naturrecht sei geltendes Recht, gilt nach Luhmann nicht, sondern entspringt<br />

einer unüberlegten Formulierung, da Geltung stets auf Positivität verwiesen bleibe:<br />

„’Geltendes’ Recht ist immer positives Recht.“ 50 Auf einen ersten Blick scheint Hobbes<br />

diesem Merksatz beizustimmen. Denn in der Tat kommt die Geltung des Naturgesetzes in<br />

einigen seiner Formulierungen schwach genug daher, dass man der Deutung bei Schmitt und<br />

Koselleck Recht geben möchte. So wenn Hobbes darauf abhebt, dass das natürliche <strong>Gesetz</strong><br />

deshalb geltendes Recht sei, „weil es in allen Staaten der Welt Teil des bürgerlichen <strong>Gesetz</strong>es<br />

ist. Denn obwohl es von Natur aus vernünftig ist, so ist es doch durch die souveräne Gewalt<br />

<strong>Gesetz</strong>.“ 51 <strong>Gesetz</strong>eskraft scheint den <strong>Gesetz</strong>en der Natur nicht selbst, nicht von Natur her<br />

zuzukommen, sondern erst durch ihre Erlassung in einem souveränen Akt: „Wenn einmal ein<br />

Staat errichtet ist, dann sind sie wirkliche <strong>Gesetz</strong>e, nicht vorher, da sie staatliche Befehle und<br />

somit auch bürgerliche <strong>Gesetz</strong>e sind. Denn sodann ist es die souveräne Gewalt, die die<br />

Menschen verpflichtet, ihnen zu gehorchen.“ 52<br />

Den Glauben an das Naturrecht möge man dem unüberlegt Formulierenden lassen, schiebt<br />

Luhmann an der zitierten Stelle in Parenthese ein. Hobbes glaubt daran und dieser Glaube<br />

macht seine Antwort auf die Frage nach der Rechtsgeltung vielschichtiger, als es die<br />

Einfachheit der Luhmannschen Formulierung vorsieht, vor allem aber weitaus ambivalenter,<br />

als es die Deutlichkeit der hier wiedergegebenen Sätze Hobbes’ erwarten lässt. Die<br />

Ambivalenz ergibt sich daraus, dass in der Hobbesschen Naturrechtskonzeption zwei<br />

Unterscheidungen in ein komplexes Verhältnis treten. Zum einen gilt es die natürliche von der<br />

bürgerlichen Sphäre zu trennen, zum anderen in beiden Sphären das Recht vom <strong>Gesetz</strong>. Die<br />

Suche danach, was uns bei Hobbes als Naturrecht in den Blick kommen kann, hat, dies sei<br />

vorweggenommen, einen zweifachen Weg einzuschlagen. Einerseits ist für die natürliche<br />

Sphäre das Verhältnis zwischen <strong>Gesetz</strong> und Recht zu klären, andererseits und<br />

53<br />

sphärenübergreifend das Verhältnis zwischen natürlichem und bürgerlichem <strong>Gesetz</strong>.<br />

Letzteres drängt sich allein deshalb auf, weil ersteres nicht in völliger Unabhängigkeit davon<br />

geschehen kann. Denn wie erwähnt gilt für Konzeptionen des Naturrechts, dass sie stets einen<br />

Bezug zum positiv-bürgerlichen <strong>Gesetz</strong> schaffen, stets auf sich selbst und ihr Anderes<br />

50<br />

Luhmann: „Die Geltung des Rechts“, 273.<br />

51<br />

Hobbes: Leviathan, 1991, S. 212.<br />

52<br />

Ebd., S. 205.<br />

53<br />

Das Verhältnis zwischen natürlichem <strong>Gesetz</strong> und natürlichem Recht wird in Kapitel 3.2, das Verhältnis<br />

zwischen natürlichem und bürgerlichem <strong>Gesetz</strong> in Kapitel 3.3 behandelt.<br />

17

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