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Vollversion (5.75 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />

(17) Die Einheit der meisten<br />

Beiträge stellt somit die Perspektive<br />

des 'Social Constructivism'<br />

dar, auch wenn im Einzelfall<br />

darunter immer etwas<br />

ganz anderes verstanden werden<br />

mag.<br />

So ist es etwa die Absicht von<br />

Verta Taylor und Nancy E.<br />

Whittier, ein 'framework' zu<br />

erstellen, in dessen Zentrum<br />

kollektive Identität steht. Zum<br />

Aufbau dieses Rahmens dient<br />

ihnen 'Lesbian Feminist Mobilization'<br />

als Fallbeispiel. Dabei<br />

sind es drei Merkmale, die<br />

den Kern ihres Konzepts ausmachen:<br />

Zum ersten 'Boundaries',<br />

die zwischen Inklusion<br />

und Exklusion unterscheiden.<br />

Zweitens sei von Bedeutung,<br />

daß diese Grenzziehung nicht<br />

einfach gegeben ist, sondern<br />

bewußt konstruiert werden<br />

müsse; deshalb ist 'Consciousness'<br />

das zweite Merkmal ihres<br />

Konzepts. Das dritte Merkmal<br />

leitet sich aus der Tatsache<br />

ab, daß die bewußte Grenzziehung<br />

keine einmalige und unveränderliche<br />

Tatsache darstellt,<br />

sondern ständig neu ausgehandelt<br />

werden muß, sowohl<br />

bewegungsintern als auch mit<br />

dem jeweiligen Konfliktgegner;<br />

nicht Statik, sondern Dynamik<br />

zeichnet die Konstruktion<br />

kollektiver Identität aus.<br />

Von daher sei 'Negotiation' als<br />

drittes Merkmal zu begreifen.<br />

Bert Klandermans beschäftigt<br />

sich in seinem Beitrag zum ei­<br />

nen mit der 'Social Construction<br />

of Protest', zum anderen<br />

mit 'Multiorganizational<br />

Fields'. Was die soziale Konstruktion<br />

von Protest betrifft,<br />

so schlägt Klandermans die<br />

Aufteilung von drei Ebenen<br />

vor, die sich an der Unterscheidung<br />

von Makro-, Meso- und<br />

Mikroebene orientiert: Makro<br />

verstanden als Gesellschaft,<br />

Meso als Gruppe und Mikro<br />

als Individuum. Trotz dieser<br />

Ebenendifferenzierung lassen<br />

sich Übereinstimmungen hinsichtlich<br />

bestimmter Wertpräferenzen<br />

feststellen; Klandermans<br />

spricht hier mit Verweis<br />

auf Dürkheim auch von „Collective<br />

Beliefs". Demgegenüber<br />

behandelt Klandermans<br />

unter dem Stichwort der Multiorganisationsfelder„interpersonal<br />

networks", die diesen<br />

ebenenübergreifenden Diskursformationen<br />

zugrunde liegen<br />

und gewissermaßen ihr sozialstrukturelles<br />

Fundament<br />

darstellen. Dabei stelle sich<br />

Protest über eine Kombination<br />

dieser beiden Komponenten<br />

her: „Collective beliefs and the<br />

way they are formed and transformed<br />

are the core of the social<br />

construction of protest; interpersonal<br />

networks submerged<br />

in multiorganizational<br />

fields are the conduits of this<br />

process of meaning construction."<br />

(99)<br />

Zentral für den konstruktivistischen<br />

Ansatz ist vor allem die<br />

'Framing'-Perspektive von<br />

David Snow und Robert Benford,<br />

die sich gleichfalls mit<br />

der Art und Weise beschäftigt,<br />

wie soziale <strong>Bewegungen</strong> soziale<br />

Probleme und ihre Ursachen<br />

und Lösungen definieren<br />

und interpretieren. Dabei unternehmen<br />

die Autoren in diesem<br />

Beitrag den interessanten<br />

Versuch, ihre Framing-Perspektive<br />

mit dem Phänomen<br />

von Protestzyklen in Verbindung<br />

zu bringen, einem der<br />

wichtigsten Themen des politischen<br />

Prozeßansatzes, wie es<br />

etwa von Sidney Tarrow bearbeitet<br />

wurde.<br />

Sidney Tarrow wiederum, aber<br />

auch William Gamson greifen<br />

in ihren Beiträgen auf die Framing-Perspektive<br />

zurück, um<br />

sie in einen breiteren theoretischen<br />

Kontext einzubetten.<br />

Dabei stellt Gamson fest, daß<br />

die Zeit des „social psychology<br />

bashing among students of<br />

social movements" (53) vorbei<br />

sei und gibt an, wie Einsichten<br />

aus der sozialpsychologischen<br />

Literatur unserVerständnis von<br />

zentralen Elementen sozialer<br />

<strong>Bewegungen</strong> wie kollektive<br />

Identität, Solidarität, Bewußtsein<br />

oder Mikromobilisierung<br />

verbessern könnten. Tarrow<br />

verbindet das Framing kollektiver<br />

Aktion dagegen mit Diskussionen<br />

in Geschichts- und<br />

Politikwissenschaften, die sich<br />

um Begriffe wie gesellschaftliche<br />

Mentalitäten und politische<br />

Kultur drehen. Beide Autoren<br />

heben aber auch Proble-

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