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Vollversion (5.75 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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Oliver Schmidtke<br />

FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />

Kollektive Identität<br />

in der politischen Mobilisierung<br />

territorialer <strong>Bewegungen</strong><br />

Eine analytische Perspektive<br />

1. Einleitung<br />

Der inflationäre Gebrauch des Begriffes der<br />

'kollektiven Identität' im sozialwissenschaftlichen<br />

Diskurs steht in auffallendem Widerspruch<br />

zu der Unbestimmtheit, mit der dieses<br />

Konzept in der Forschungspraxis zur Anwendung<br />

kommt. Allgemein wird der Herausbildung<br />

einer kollektiven Identität Bedeutung für<br />

die Formierung kollektiven Handelns zugesprochen,<br />

ohne daß einsichtig würde, welcher Stellenwert<br />

ihr hierbei zukommt und wie eine forschungsstrategisch<br />

fruchtbare Perspektive auszusehen<br />

habe, die dies analytisch zu erfassen<br />

versteht. In diesem unbefriedigenden Sinn wird<br />

das Konzept der kollektiven Identität gemeinhin<br />

deskriptiv als Teilaspekt politischer Mobilisierung<br />

behandelt, dessen Bedeutung lediglich<br />

suggestiv unterstellt wird. Seine systematische<br />

Relevanz bleibt ebenso unklar wie die<br />

konkreten sozialen Prozesse der Konstruktion<br />

kollektiver Identität jenseits dessen liegen, worauf<br />

sich das Forschungsinteresse etablierter<br />

Ansätze richtet. Hier soll anhand der Diskussion<br />

territorialer <strong>Bewegungen</strong> der Versuch gemacht<br />

werden, zur Klärung dieses Konzepts<br />

beizutragen und aufzuzeigen, wie kollektive<br />

Identität zu einem Gegenstand empirischer Forschung<br />

gemacht werden kann. Das zentrale<br />

theoretische Argument ist, daß die Analyse der<br />

kollektiven Identität, die Untersuchung der<br />

Herausbildung ihrer konstitutiven kognitiven<br />

Codes in sozio-kulturellen Prozessen, einen<br />

zentralen Beitrag für die Erklärung der Formierung<br />

und Dynamik politischer Mobilisierung<br />

zu leisten in der Lage ist.<br />

2. Zum Konzept der<br />

kollektiven Identität<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wird Kollektive Identität<br />

als kohärentes und andauerndes Bewußtsein<br />

der Identifikation mit und der Zugehörigkeit<br />

zu einer sozialen Gruppe verstanden. Im<br />

Unterschied zu Formen sozialer Identität ist<br />

kollektive Identität durch eine gemeinschaftsbildende<br />

Handlungsorientierung bestimmt (Bader<br />

1991). In dieser Perspektive kommt der<br />

kollektiven Identität eine wesentliche Rolle bei<br />

der Bildung kollektiven Handelns zu, indem<br />

sie einen Konsens zwischen den beteiligten<br />

Akteuren zu stiften imstande ist. Sie schafft<br />

ein mobilisierendes Band der Gemeinsamkeit<br />

zwischen vereinzelten Individuen und produziert<br />

jene Anreize, die den Einzelnen dazu bewegen<br />

können, seine free-rider Haltung aufzugeben.<br />

In zweierlei Hinsicht kommt den<br />

Images einer kollektiven Identität konstitutive<br />

Bedeutung in der Formierung kollektiven Handelns<br />

zu.

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