Vollversion (5.75 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />
Möglichkeit, wie diese Mittel<br />
in Anspruch genommen werden<br />
könnten. Dabei liegt ihr<br />
Interesse auf den Mobilisierungstechnologien,<br />
bei denen<br />
sie vor allem zwischen 'Time<br />
and Money as Resources' unterscheiden;<br />
sie konzentrieren<br />
sich auf die Ressource Zeit, da<br />
sie davon ausgehen, daß kollektives<br />
Handeln hauptsächlich<br />
über Zeit verfügt, nicht aber<br />
über Geld: „Time is the ultimate<br />
resource for collective action."<br />
(257) Zeit selbst stelle<br />
dabei wiederum nur eine Voraussetzung<br />
dar; hinzu kommt<br />
die Bereitschaft zu 'commitment',<br />
d.h. zur Selbstbindung.<br />
Ihre Überlegungen schließen<br />
sie mit der These der Inkompatibilität<br />
unterschiedlicher Mobilisierungsformen,<br />
die auf jeweils<br />
andere Ressourcen zurückgreifen:<br />
„Our arguments<br />
made it clear that we do not<br />
think professionalized mobilizations<br />
create grass-roots mobilizations<br />
of volunteers, because<br />
mobilizing money is<br />
usually inconsistent with mobilizing<br />
action." (270)<br />
Auch von der Frage der Mobilisierbarkeit<br />
ausgehend, beschäftigt<br />
Debra Friedman und<br />
Doug McAdam der „dialogue<br />
between a structural or network<br />
account of social movement<br />
activism and a rational<br />
choice account." (156) Dabei<br />
ist das Free Rider Problem gewissermaßen<br />
Ausgangspunkt<br />
ihrer Überlegungen. Denn es<br />
stelle sich die Frage, welcher<br />
Art jene 'selective incentives'<br />
sind, die dann doch zur Teilnahme<br />
am Protest motivieren,<br />
angesichts der Alternative, andere<br />
die Arbeit machen zu lassen.<br />
Die Antwort von Friedman/McAdam<br />
lautet: „collective<br />
identities function as selective<br />
incentives motivating<br />
participation." (157) Dabei entscheide<br />
die Ausrichtung der<br />
jeweiligen kollektiven Identität<br />
auch darüber, wer und wieviele<br />
sich mobilisieren lassen.<br />
Friedman/McAdam unterscheiden<br />
zudem zwischen inklusiven<br />
und exklusiven kollektiven<br />
Identitäten, die über<br />
unterschiedliche Mobilisierungschancen<br />
verfügen; denn<br />
je inklusiver eine Identität angelegt<br />
sei, desto weniger angesprochen<br />
fühle sich der jeweils<br />
einzelne. Deshalb ist umso<br />
wichtiger, daß „a movement is<br />
rooted in the established organizations<br />
of the aggrieved community."<br />
(170) Unklar bleibt<br />
jedoch, was die 'aggrieved<br />
community' genau ist und welcher<br />
Stellenwert ihr für soziale<br />
<strong>Bewegungen</strong> zukommt.<br />
Letztlich ist auch für Myra<br />
Marx Ferree das Free Rider<br />
Problem Bezugspunkt, wenn<br />
sie in ihrem Beitrag eine Kritik<br />
an der Rational Choice-Logik<br />
des RMA unternimmt. Denn<br />
was Marx Ferree bemängelt,<br />
ist das Menschenbild hinter<br />
dieser Logik. Es sei eindimensional<br />
ausgerichtet auf die rein<br />
IMMMMMJ<br />
rationale Seite des Menschen,<br />
während Aspekte wie Expressi<br />
vität oder Emotionalität demgegenüber<br />
vernachlässigt werden.<br />
Deshalb bereite das Free<br />
Rider Problem auch solche<br />
Schwierigkeiten, weil rational<br />
nicht erklärbar sei, was affektuell<br />
durchaus Sinn mache: An<br />
Protest auch dann teilzunehmen,<br />
wenn der Erfolg in Frage<br />
stünde oder wenn man auch<br />
ohne Teilnahme in den Genuß<br />
der Früchte des Erfolges komme,<br />
weil andere die Arbeit<br />
machen. Diese Logik könne<br />
nur durchkreuzt werden, wenn<br />
begonnen werde, die rationale<br />
Betrachtung des Menschen<br />
durch andere Aspekte zu ergänzen.<br />
Eine ganz andere Herausforderung<br />
wird von Frances Fox<br />
Piven und Richard Cloward<br />
artikuliert, die der RM-Perspektive<br />
schon seit längerer<br />
Zeit kritisch gegenüberstehen.<br />
In ihrem Beitrag, der vielleicht<br />
interessanteste und provokanteste<br />
des ganzen Bandes, kritisieren<br />
die Autoren das RM-<br />
' Lehrstück' der Kontinuität<br />
zwischen konventionellem und<br />
Protestverhalten sowie die starke<br />
Konzentration auf Organisationen,<br />
die zu einer 'Normalisierung'<br />
von Protest „as if it<br />
were merely interest group<br />
politics" (303) geführt habe.<br />
Eine solche Perspektive gehe<br />
aber an der Tatsache vorbei,<br />
daß viele und vor allem die<br />
mehr disruptiven Formen poli-