Vollversion (5.75 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOÜRNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />
wenig überzeugende Schema:<br />
1. Nachahmer-Faschismus, 2.<br />
Skinheads, 3. Revisionismus,<br />
4. Metapolitik, 5. nationalistische<br />
Protestparteien gepreßt<br />
werden (eine lückenhafte Überschriftenzählung<br />
läßt die Stringenz<br />
nicht deutlicher hervortreten).<br />
Wenn der disparate<br />
Beitrag ein Brückenschlag<br />
zwischen wissenschaftlicher<br />
Analyse und politischem Essayismus<br />
sein sollte, dann ist<br />
er mißlungen; selbst eine These<br />
ist nicht zu entdecken.<br />
Differenzierter nimmt sich an<br />
diesem Ort Wolfgang Gessenharter<br />
des Weltbilds der Neuen<br />
Rechten an. Er zeichnet die<br />
Entstehung dieser Gruppierung<br />
in der Bundesrepublik nach,<br />
wobei er leider die französischen<br />
Vorbilder nur streift, und<br />
bemüht sich, eine Abgrenzung<br />
des neurechten Denkens einerseits<br />
vom konservativen, andererseits<br />
vom rechtsextremen<br />
vorzunehmen. Als Trennlinie<br />
zum konservativen Denken arbeitet<br />
er die 'selbstverständliche<br />
Orientierung am Kollektiv'<br />
heraus und die Verächtlichmachung<br />
der Menschenrechte.<br />
Verglichen mit dem<br />
Rechtsextremismus fällt die<br />
klare Ablehnung des historischen<br />
NS-Staates und seiner<br />
Verbrechen ins Auge. Beim<br />
neurechtenWeltbild ist typisch,<br />
daß das Kollektiv groß- und<br />
das Individuum kleingeschrieben<br />
wird sowie die Notwendigkeit<br />
starker Führung, Elite<br />
bildung und Gewährleistung<br />
staatlicher Effizienz überaus<br />
deutlich betont werden. Wenig<br />
überzeugend fällt jedoch der<br />
Schluß seines Beitrags aus, in<br />
dem Gessenharter in einer Neujahrsansprache<br />
des Bundeskanzlers<br />
einen 'Flurschaden für<br />
die politische Kultur' auszumachen<br />
glaubt, der neben der<br />
Asyldiskussion nur ein Indiz<br />
für den wachsenden Einfluß<br />
der Neuen Rechten in der Bundesrepublik<br />
darstelle.<br />
Der PsychoanalytikerTilmann<br />
Moser nimmt sich schließlich<br />
den Rechtsextremismus aus tiefenpsychologischer<br />
Sicht vor<br />
und vergleicht die Situation mit<br />
einem Eintritt in einen tödlichen<br />
Tanz. Er konstatiert eingangs,<br />
daß angesichts des<br />
Rechtsextremismus offenbar<br />
das normale Differenzierungsund<br />
Einfühlungsvermögen<br />
schwindet. Er legt den Akzent<br />
auf die Fähigkeit der Psychoanalyse,<br />
die Weitergabe unverarbeiteter<br />
Traumata in Lebensstilen,<br />
unerledigten Aufgaben,<br />
Geheimnissen, Verleugnungen,<br />
Mythen zutage zu fördern. Die<br />
Eltern vieler Rechtsextremisten<br />
„dürften aus Familien stammen,<br />
in denen verübte und erlittene<br />
Gewalt im Untergrund<br />
der Familien fortbestand". DieseTradierung,<br />
so betont er, gelte<br />
nicht nur für die Generation<br />
der damals Beteiligten, sondern<br />
übertrage sich über mehrere<br />
Generationen. Zu Recht<br />
betont er, daß vor der gehei<br />
men Attraktivität, der Faszination<br />
bestimmter Seiten des NS-<br />
Regimes immer noch eine weitverbreitete<br />
Angst existiere. So<br />
sei es kein Zufall, daß die NS-<br />
Malerei bisher nie in einer großen<br />
Ausstellung erneut gezeigt<br />
wurde. DerVollständigkeithalber<br />
seien noch die übrigen Beiträge<br />
zumindest genannt. Eike<br />
Hennig steuert Bemerkungen<br />
aus politisch soziologischer<br />
Sicht bei, Andreas Barz arbeitet<br />
Zusammenhänge zwischen<br />
Rechtsextremismus und dem<br />
Ansehen der Bundesrepublik<br />
Deutschland im Ausland heraus<br />
undWernerBilling betrachtet<br />
Rechtsextremismus als Herausforderung<br />
der 'wehrhaften<br />
Demokratie'.<br />
Wer in der Erwartung, eine allgemein<br />
verständliche Einführung<br />
'Was heißt Rassismus?'<br />
geboten zu bekommen, zu dem<br />
Buch von Detlef Claussen<br />
greift, sieht sich ent-, wenn<br />
nicht getäuscht. Neben einem<br />
Essay des Autors besteht der<br />
überwiegende Teil des Buches<br />
aus kommentierten Texten politischer<br />
Rassenlehren bis 1945<br />
(Teil 1) bzw. der Rassismusdebatte<br />
nach 1945 (Teil 2). Auf<br />
Textausschnitte von Gobineau,<br />
Dühring, Chamberlain und<br />
Hitlerfolgenjeweils Kommentare<br />
von Claussen, ebenso im<br />
zweiten Teil im Anschluß an<br />
Textausschnitte von Hannah<br />
Arendt, Claude Levi-Strauss,<br />
Frantz Fanon und Albert Memmi.<br />
Im einleitenden Essay prä-