Vollversion (5.75 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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Jugend- und Kulturorganisationen,<br />
weiterhin organisationsunabhängige<br />
Verlage und<br />
Zeitungen sowie Zeitschriften.<br />
Eigenwilligerweise ordnet<br />
Pfahl-Traughber die Neue<br />
Rechte in diesen Zusammenhang<br />
von Kulturorganisationen,<br />
Verlagen und Zeitschriften<br />
ein, wobei er die Definition<br />
von Wolfgang Gessenharter<br />
wortakrobatisch in 'Brückenbereich'<br />
oder 'Brückenspektrum'<br />
übersetzt und in logischem<br />
Widerspruch zu diesem<br />
sprachschludrigen Bild die intellektuellen<br />
Zirkel als eindeutig<br />
rechtsextrem einschätzt<br />
(28).<br />
In einem eigenen Kapitel behandelt<br />
Pfahl-Traughber die<br />
Skinhead-Bewegung als vorpolitisches<br />
Phänomen sowie zu<br />
guter Letzt das rechtsextreme<br />
Einstellungs- und Wählerpotential<br />
in Deutschland. Darüber<br />
hinausgehend versucht er eine<br />
Einordnung der gegenwärtigen<br />
politikwissenschaftlichen Erklärungsansätze.<br />
Dabei unterscheidet<br />
er zwischen vier verschiedenen<br />
Ansätzen: Dem faschismus-<br />
und extremismustheoretischen,<br />
sowie den Ansätzen,<br />
die mit dem Stichwort<br />
'Modernisierungsopfer' bzw.<br />
'politische Kultur' umschrieben<br />
sind. Hans-Gerd Jaschke<br />
hat in einer Rezension dieser<br />
Einordnung heftig widersprochen<br />
und sie als reine Konstrukte<br />
abgetan (PVS 1/94) mit<br />
dem Argument, eine politik<br />
FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />
wissenschaftliche 'Debatte'<br />
gäbe es gar nicht, geschweige<br />
denn gehaltvolle Erklärungsansätze.<br />
Sicherlich ließe sich<br />
über die Relevanz der verschiedenenAnsätze<br />
streiten, schließlich<br />
existiert der Faschismusansatz<br />
nur noch in blassen Imitationen<br />
und Remakes. Daß der<br />
extremismustheoretische Ansatz<br />
bereits scharfe Debatten<br />
ausgelöst hat, und zwar auch in<br />
der scientific community, sollte<br />
auch Jaschke nicht entgangen<br />
sein, der doch immerhin<br />
an einem Werk des Instituts für<br />
Sozialforschung mitgewirkt<br />
hat, das eine ganze Reihe von<br />
wissenschaftlichen Kontroversen<br />
aufspürt. Im übrigen weist<br />
der Rekurs auf Modernisierungsphänomene<br />
andere Traditionslinien<br />
auf als Erklärungen,<br />
die mit dem Begriff 'politische<br />
Kultur' operieren.<br />
Der Sammelband von Werner<br />
Billing, Andreas Barz und Stephan<br />
Wienk-Borger ist als Veröffentlichung<br />
einer Vortragsreihe<br />
ein durchwachsenes Produkt.<br />
So widerspricht Hans-<br />
Ulrich Thamer in seinem Beitrag<br />
der pauschalen Behauptung,<br />
die Deutschen hätten die<br />
NS-Vergangenheit einfach verdrängt.<br />
Als Beleg führt Thamer<br />
eine Phaseneinteilung der<br />
Vergangenheitsverarbeitung<br />
vor, wie sie sich seit 1945 rekonstruieren<br />
läßt. Danach folgte<br />
auf die Entnazifizierung<br />
(1945-48) die Phase der Moralisierung<br />
und Tabuisierung<br />
(50er bis 60er Jahre), daraufhin<br />
die der Tribunalisierung<br />
(60er und 70er Jahre) und<br />
schließlich die der Historisierung,<br />
die 1989/90 einen neuen<br />
Schub erhalten habe. Kriterien<br />
zur Beurteilung einer gelungenen<br />
bzw. mißlungenenVergangenheitsaufarbeitung<br />
trägt der<br />
Autor jedoch nicht bei.<br />
Eckhard Jesse versucht dagegen<br />
eine Bestandsaufnahme<br />
des organisierten Rechtsextremismus<br />
in der Bundesrepublik<br />
und bemängelt, daß dasThema<br />
vielfach ein Tummelfeld für<br />
PolitikundIdeologiesei,„ohne<br />
daß eine extremismustheoretische<br />
Einordnung erfolgt" (25).<br />
Die zahlreichen Einwände gegen<br />
die extremismustheoretische<br />
Behandlung läßt er ebenfalls<br />
undiskutiert. Nach einer<br />
Kritik an der Babylonischen<br />
Sprachverwirrung angesichts<br />
des Rechtsextremismusphänomens<br />
bietet er einen knappen<br />
Uberblick über die historische<br />
sowie aktuelle Szenerie. Diese<br />
Einblicke werden ergänzt durch<br />
eine vergleichende Betrachtung<br />
des organisierten Rechtsextremismus<br />
im westlichen<br />
Europa von Uwe Backes. Allerdings<br />
hält dessen ausufernder<br />
Beitrag nicht, was er verspricht,<br />
da keine systematischkomparative<br />
oder auch nur deskriptive<br />
Nachzeichnung der<br />
historischen Entwicklung in<br />
Westeuropa geliefert wird, sondern<br />
bloß kursorische Einblikke,<br />
die zudem in das starre und