Vollversion (5.75 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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60 FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />
tat als kleiner perzipiert werden (der Intra<br />
Klassen Effekt)" (Wagner 1994, S.87).<br />
Tajfel und Mitarbeiter haben in den frühen<br />
70er Jahren Studien durchgeführt, in denen sie<br />
das Reizklassifikationsprinzip auf die Kategorisierung<br />
von Individuen übertragen haben (vgl.<br />
Tajfel/Billig/Bundy/Flament 1971). In ihren<br />
Minimal-Group-Studies wurden die Vpn nach<br />
Zufall in zwei Gruppen aufgeteilt. Im Anschluß<br />
an diese Kategorisierung wurde jede Vp dann<br />
einzeln gebeten, Geldbeträge zwischen einer<br />
Person, die derselben Gruppe wie sie selbst,<br />
und einer Person, die der anderen Gruppe angehört,<br />
aufzuteilen. Die Vpn wußten nicht, wer<br />
die beiden anderen Personen waren, ihnen war<br />
außerdem bekannt, daß sie sich selbst kein<br />
Geld zuweisen konnten. Die Vpn sollten für<br />
die Geldzuweisung Antwortskalen wie die folgende<br />
verwenden:<br />
mentellen Studien (vgl. dazu Brewer 1979;<br />
Diehl 1990) zeigt sich, daß die Vpn in der<br />
Regel die Mitglieder der eigenen Gruppe bevorzugen.<br />
Die Ingroup-Favorisierung reicht<br />
soweit, daß die Vpn versuchen, eher eine maximale<br />
Differenz zwischen den Gruppen herzustellen,<br />
als einen maximalen Gewinn für beide<br />
Gruppen zu erzielen. Es wurde eine Reihe<br />
von Erklärungen für die Befunde vorgeschlagen.<br />
Tajfel (1970) und seine Mitarbeiter (Tajfel<br />
et al. 1970) hatten zunächst angenommen,<br />
daß die Vpn in dieser minimalen Grupppensituation<br />
einer Norm zur Bevorzugung der Eigengruppe<br />
(generic group norm) folgen. Allerdings<br />
läßt eine solche Erklärung offen, woher<br />
diese Norm stammt. Außerdem zeigen nicht<br />
alle Studien das gleiche Ausmaß an Verzerrung.<br />
Doise/Sinclair (1973) haben versucht,<br />
die Ergebnisse allein auf der Basis der Reizklassifikationstheorie<br />
zu erklären: Demnach ist<br />
für das Ingroup-Mitglied 1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />
für das Outgroup-Mitglied 9 8 7 6 5 4 3 2 1<br />
Die Vpn mußten sich für eine Alternative entscheiden,<br />
also beispielsweise 1 Geldeinheit für<br />
das Ingroup- und damit gleichzeitig 9 Einheiten<br />
für das Outgroup-Mitglied oder 7 Einheiten<br />
für das Ingroup- und 3 Einheiten für das<br />
Outgroup-Mitglied. Durch die spezifische Anordnung<br />
der möglichen Ingroup- und Outgroup-Zuweisungen<br />
war die Überprüfung verschiedener<br />
Entscheidungsstrategien möglich:<br />
Fairneß (Gleichaufteilung: 5-5), Ingroup-Favorisierung<br />
(rechts von der Mitte) und Outgroup-Favorisierung<br />
(links von der Mitte). Weitere<br />
Strategien, z.B. maximale Differenz versus<br />
maximalem gemeinsamem Gewinn für beide<br />
Gruppen, wurden durch eine Reihe anderer<br />
Matrizen operationalisiert (vgl. Bourhis/Sachdev/Gagnon<br />
1994). In verschiedenen experi-<br />
die intergruppale Differenzierung ein Produkt<br />
des Kategorisierungsprozesses (für weitere Erklärungen<br />
vgl. Wagner 1994, S.5ff.). Tajfel<br />
(1975) selbst hat das Prinzip auf die Erklärung<br />
von Stereotypisierungsprozessen angewendet<br />
und Studien dazu durchgeführt: Demnach entstehen<br />
Stereotype, wenn Personen sich einer<br />
Kategorie zuordnen und dieser Kategorie eine<br />
Outgroup gegenüberstellen: Kategorisierung<br />
schafft Differenzierung, d.h.intra-kategoriale<br />
Homogenität und inter-kategoriale Unterschiede.<br />
Die Studien nach dem Minimal-Group Paradigma<br />
sind u.E. bedeutsam für die Bewegungsforschung;<br />
nicht nur, weil Stereotypisierungsprozesse<br />
auch für soziale <strong>Bewegungen</strong> cha-