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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995 63<br />

Dies sind Fragestellungen, mit denen sich die<br />

dritte der Theorien aus dem Social Identity<br />

Approach, die Selbst-Kategorisierungstheorie,<br />

befaßt.<br />

3.3 Selbst-Kategorisierungstheorie<br />

Die Selbst-Kategorisierungstheorie von Turner<br />

und Mitarbeitern (Turner/Hogg/Oakes/Reicher/Wetherell<br />

1987) greift auf die Grundannahmen<br />

der Social Identity Theory zurück. Turner<br />

et al. akzentuieren vor allem den Prozeß<br />

der Selbst-Kategorisierung. Bereits in früheren<br />

Arbeiten hat Turner die zentrale These seiner<br />

Theorie formuliert: „Die Selbst-Kategorisierungstheorie<br />

nimmt an, daß Individuen die<br />

Wahrnehmung von sich selbst und anderen<br />

durch abstrakte soziale Kategorien strukturieren,<br />

daß sie diese Kategorien als Aspekte ihres<br />

Selbstkonzeptes internalisieren, und daß soziale<br />

Kognitionsprozesse, die mit allen Formen<br />

der Selbstkonzeptualisierung verbunden<br />

sind, Gruppenverhalten produzieren. Die erste<br />

Frage, die die Gruppenzugehörigkeit betrifft,<br />

ist nicht 'Mag ich die anderen Gruppenmitglieder',<br />

sondern 'Wer bin ich?' "(Turner 1982,<br />

S.16, unsere Übersetzung).<br />

Attraktion zwischen Gruppenmitgliedern und<br />

wahrgenommene Ähnlichkeit innerhalb von<br />

Gruppen sind nach der Selbst-Kategorisierungstheorie<br />

das Ergebnis einer Selbst-Einordnung<br />

der Gruppenmitglieder in eine gemeinsame<br />

soziale Kategorie: Je eindeutiger eine<br />

Person sich als Mitglied einer Gruppe definiert,<br />

um so stärker empfindet sie Sympathie,<br />

Identität, Ähnlichkeit und Austauschbarkeit mit<br />

den anderen Gruppenmitgliedern. Der Prozeß<br />

der Selbst-Kategorisierung wird dabei als ein<br />

Prozeß der Depersonalisierung beschrieben:<br />

Selbst-Kategorisierung in eine Gruppe hinein<br />

bedeutet Anbindung der Identität an diese<br />

Gruppe, d.h. Aufgabe der Bedeutung von Individualität<br />

zugunsten einer Fokussierung auf<br />

die durch das Kollektiv konstituierten Identitäts-Aspekte,<br />

die <strong>Soziale</strong> Identität. Identität<br />

wird in diesem Modell nicht als starre Konzeption<br />

verstanden. Es hängt von der konkreten<br />

Situation ab, ob eher Individualität im Vordergrund<br />

steht oder eher spezifische Gruppenzugehörigkeiten<br />

relevant werden. Die jeweils<br />

saliente Selbstwahrnehmung - persönliche oder<br />

soziale Identität - determiniert das Sozialverhalten.<br />

Die Salienz von Identitätsaspekten ist<br />

wiederum abhängig von der Zugänglichkeit<br />

(accessibility) und der Passung (fit) relevanter<br />

Kategorien der Selbstdefinition, die vom sozialen<br />

Kontext und durch individuelle Bedürfnisse<br />

angeboten bzw. ausgelöst werden.<br />

Auch die Annahmen der Selbst-Kategorisierungstheorie<br />

können auf den Prozeß der Einstellungsbildung<br />

übertragen werden (vgl. auch<br />

Hogg/Turner 1987): Wenn die Salienz einer<br />

potentiellen Ingroup hervorgehoben ist, beispielsweise<br />

indem diese Gruppe in einen Konflikt<br />

mit einer anderen Gruppe gerät, dann werden<br />

sich Gruppenmitglieder stärker als Gruppenmitglieder<br />

sehen, ihre Identität stärker an<br />

diese Gruppe anlehnen und Konformität zur<br />

normativen Ingroup-Position herstellen. Wir<br />

haben diese Hypothesen wiederum in einem<br />

Experiment geprüft. Dazu haben wir den Versuchspersonen<br />

(Studenten) die bereits oben beschriebene<br />

Zeitungsnachricht zum Thema<br />

"Bundeswehr- und Ersatzdienst für Frauen"<br />

vorgelegt. Die Gruppenmitgliedschaft sollte<br />

erneut durch die Geschlechtsgruppe spezifiziert<br />

sein; wir präsentieren hier nur die Ergebnisse<br />

für die weiblichen Versuchspersonen. In<br />

einer Kontrollbedingung (geringe Salienz der<br />

Gruppenzugehörigkeit) argumentierten zwei<br />

nicht näher spezifizierte Gruppen von Parlamentariern<br />

für und gegen einen Wehrdienst<br />

für Frauen. In einer Experimentalbedingung<br />

mit einem mittleren Ausmaß an Ingroup-Salienz<br />

argumentierte eine Gruppe von weiblichen<br />

Abgeordneten für den Wehrdienst, während

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