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Vollversion (5.75 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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90 FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />

Ruud Koopmans<br />

Bewegung oder Erstarrung?<br />

Bestandsaufnahme der deutschen Bewegungsforschung<br />

in den letzten zehn Jahren<br />

Ich bin gebeten worden, einen Blick von außen<br />

auf das Forschungsgebiet „<strong>Soziale</strong> <strong>Bewegungen</strong>"<br />

der letzten zehn Jahre in Deutschland<br />

zu werfen. Es ist aber die Frage, ob man mich<br />

noch als einen wirklichen Außenseiter betrachten<br />

kann. Bereits während meiner Arbeit an<br />

der Universität von Amsterdam habe ich mich<br />

ausführlich mit den neuen sozialen <strong>Bewegungen</strong><br />

in der Bundesrepublik beschäftigt, und<br />

seit einigen Monaten arbeite ich in der Abteilung<br />

„Öffentlichkeit und <strong>Soziale</strong> Bewegung"<br />

des Wissenschaftszentrums Berlin. Die Außenseiterrolle<br />

bringt zwei potentielle Vorteile mit<br />

sich: Erstens eine Distanz, die es erlaubt, große<br />

Linien besser zu sehen als Insider; zweitens<br />

die Freiheit, Leuten auf die Füße zu treten,<br />

mit denen man im nachhinhein wenig zu<br />

tun hat sowie Kritik üben zu können, die man<br />

selbst niemals in die Praxis umzusetzen<br />

braucht. Leider trifft diese privilegierte Position<br />

auf mich nur noch in begrenztem Maße zu.<br />

Im Folgenden will ich dennoch versuchen, so<br />

zu tun, als ob ich ein richtiger Außenseiter<br />

wäre, und mir die dazugehörigen Freiheiten<br />

einschließlich des polemischen Tons erlauben.<br />

Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht zu sehr<br />

übel, damit ich am Ende des Vortrages nicht<br />

von einem Außenseiter zu einem 'outcast' geworden<br />

bin.<br />

Vorsichtshalber und um des guten Verständnisses<br />

willen scheinen mir aber doch vorab<br />

einige relativierende Anmerkungen angemessen.<br />

Erstens geht es mir nicht darum, einzelne<br />

Personen oder Arbeiten zu kritisieren. Die Probleme,<br />

die ich thematisiere, sind eher auf die<br />

Forschungskultur in der deutschen Bewegungsforschung<br />

oder sogar in den deutschen Sozialwissenschaften<br />

im allgemeinen zurückzuführen,<br />

als daß sie einzelnen Personen anzulasten<br />

wären.<br />

Eine zweite wichtige Relativierung betrifft den<br />

Stand der deutschen Bewegungsforschung im<br />

westeuropäischen Vergleich. Bei aller Kritik,<br />

die man haben kann, steht außer Zweifel, daß<br />

die Bewegungsforschung in diesem Lande den<br />

Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern<br />

nicht zu scheuen braucht. In manch anderen<br />

großen Ländern ist es augenblicklich noch<br />

recht schlecht um die Bewegungsforschung<br />

bestellt. Die wenigen guten Studien über die<br />

französischen sozialen <strong>Bewegungen</strong> sind zum<br />

Beispiel fast ohne Ausnahme von Ausländern,<br />

darunter auch einigen Deutschen, geschrieben<br />

worden. In kleineren Ländern fehlt es dagegen<br />

vor allem im quantitativen Sinne an einer „kritischen<br />

Masse". Die Qualität und Kontinuität<br />

des Feldes in Ländern wie den Niederlanden<br />

ist viel zu sehr von Einzelpersonen abhängig<br />

und reagiert zudem stark auf die Konjunktur<br />

der <strong>Bewegungen</strong> selbst. In Deutschland dagegen<br />

ist das Feld rein quantitativ viel umfangreicher<br />

und bis zu einem gewissen Grad insti-

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